Eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts Demoskopika zeigt, dass die Mafia in Italien jährlich Milliarden Euro im Tourismussektor erwirtschaftet. Laut der Untersuchung beträgt der jährliche Gewinn der organisierten Kriminalität in diesem Bereich etwa 3,3 Milliarden Euro. Die beiden größten Player sind dabei die kalabrische ‚Ndrangheta und die neapolitanische Camorra, die ihre kriminellen Geschäfte vor allem durch Beteiligungen und Schutzgelderpressungen betreiben.
‚Ndrangheta dominiert den Markt
Die Studie hebt hervor, dass die ‚Ndrangheta, die als eine der mächtigsten und reichsten Mafia-Organisationen der Welt gilt, allein 1,6 Milliarden Euro aus dem Tourismussektor schöpft. Diese Einnahmen stammen insbesondere aus Beteiligungen an Hotels und Resorts sowie aus der Kontrolle von Restaurants und anderen Gastronomiebetrieben. Die Organisation nutzt dabei ihre Netzwerke, um sowohl legale als auch illegale Geschäftsfelder miteinander zu verbinden.
Camorra dicht dahinter
Die Camorra, die hauptsächlich in der Region Kampanien aktiv ist, erzielt laut der Studie jährlich 950 Millionen Euro aus tourismusbezogenen Aktivitäten. Neben Schutzgelderpressungen ist die Camorra besonders in der Verwaltung von Ferienwohnungen und kleineren Gaststätten involviert. Diese werden häufig als Tarnung für Geldwäsche genutzt, ein zentrales Instrument der organisierten Kriminalität.
Methoden der Mafia im Tourismussektor
Die Studienautoren erläutern, dass die Mafia im Tourismussektor auf verschiedene kriminelle Methoden zurückgreift:
- Beteiligungen an Hotels und Restaurants: Die Mafia investiert in oder übernimmt Hotels und Gastronomiebetriebe, oft durch Einschüchterung oder Druck auf die Eigentümer. Dadurch gelingt es, legale Geschäfte als Fassade für Geldwäsche zu nutzen.
- Schutzgelderpressungen: Viele lokale Unternehmen, insbesondere in beliebten Tourismusregionen, sind gezwungen, Schutzgeld zu zahlen, um sich vor vermeintlichen Schäden oder Angriffen zu schützen.
- Manipulation von Ausschreibungen: Die Mafia hat Einfluss auf die Vergabe von Bauprojekten und anderen Dienstleistungen im Tourismussektor. Dies ermöglicht es, öffentliche Gelder abzuschöpfen und die Kontrolle über lukrative Projekte zu sichern.
Größte Gefährdung in beliebten Tourismusregionen
Die Studie zeigt, dass die Mafia vor allem in touristisch stark frequentierten Regionen wie der Amalfiküste, Kalabrien, Sizilien und der Toskana tätig ist. Diese Gebiete ziehen nicht nur Millionen von Touristen an, sondern bieten auch eine perfekte Infrastruktur für kriminelle Aktivitäten. Die lokale Wirtschaft leidet, da ehrliche Unternehmer in ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt werden und oft gezwungen sind, sich den Mafia-Strukturen zu beugen.
Gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen
Die kriminellen Machenschaften der Mafia im Tourismussektor haben weitreichende Konsequenzen. Neben der wirtschaftlichen Schädigung legaler Unternehmen führt die Verbreitung von Korruption und illegalen Praktiken zu einem Vertrauensverlust in die Institutionen und die Wirtschaft. Zudem wird der Tourismus selbst belastet, da die Reputation der betroffenen Regionen Schaden nimmt.
Forderungen nach schärferen Maßnahmen
Die Studienautoren fordern die italienische Regierung auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um die kriminellen Aktivitäten im Tourismussektor einzudämmen. Dazu zählen:
- Stärkere Überwachung von Investitionen: Transparenz bei Unternehmensübernahmen und Investitionen, um kriminelle Hintermänner zu enttarnen.
- Härtere Strafen für Schutzgelderpressungen: Effektive Strafverfolgung und Unterstützung für Unternehmer, die sich gegen die Mafia wehren.
- Schutz der lokalen Wirtschaft: Finanzielle und rechtliche Unterstützung für Unternehmen, die durch Mafia-Aktivitäten beeinträchtigt werden.
Ein Schatten über dem Tourismus
Die Studie zeigt eindrucksvoll, wie tief die Mafia ihre Wurzeln in einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Italiens geschlagen hat. Mit Milliardenumsätzen im Tourismussektor bleibt die organisierte Kriminalität eine zentrale Herausforderung für die italienische Gesellschaft und Wirtschaft. Nur durch konsequente Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit kann dieses Netzwerk langfristig geschwächt werden.