Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) widmet sich auf ihrer Synode in Magdeburg intensiv dem Thema sexueller Missbrauch. Doch noch bevor die geplanten Maßnahmen in der Synode ausführlich diskutiert wurden, gibt es von Seiten der Betroffenen und verschiedener Opferverbände deutliche Kritik. Viele fordern eine transparentere Aufarbeitung, stärkere Kontrollmechanismen und ein unabhängiges Monitoring, das sicherstellen soll, dass die geplanten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt und nachhaltig wirken.
Kritik an fehlender Transparenz und Kontrollinstanzen
Betroffene und ihre Vertreter werfen der EKD vor, dass die bisherigen Maßnahmen an den eigentlichen Problemen vorbeigehen. Besonders kritisiert wird das Fehlen eines unabhängigen Monitorings, das sicherstellen könnte, dass die geplanten Schutz- und Präventionsmaßnahmen auch vor Ort in den Gemeinden greifen und langfristig wirken. Ohne solche Kontrollmechanismen befürchten die Betroffenen, dass die geplanten Maßnahmen nur auf dem Papier existieren könnten und letztlich ohne konkrete Wirkung bleiben.
„Ohne eine unabhängige Kontrollinstanz riskieren wir, dass die Maßnahmen nur symbolisch bleiben und die betroffenen Menschen weiterhin keinen angemessenen Schutz und keine ausreichende Unterstützung erhalten,“ sagt der Sprecher einer Opfergruppe. Er betont, dass die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle nicht allein den kirchlichen Strukturen überlassen werden dürfe. Die Forderung nach einem unabhängigen Monitoring wurde bereits mehrfach geäußert, doch die EKD hat bislang darauf verzichtet, eine externe Instanz für die Umsetzung und Kontrolle der Maßnahmen einzusetzen.
Mehr als 2.200 Betroffene laut Studie – Kirche unter Druck
Die Synode reagiert auf eine im Januar vorgestellte Studie zur sexualisierten Gewalt innerhalb der evangelischen Kirche. In dieser Studie wurde erstmals dokumentiert, dass in kirchlichen Akten Hinweise auf über 2.200 Betroffene von Missbrauchsfällen gefunden wurden, die bis in die 1950er Jahre zurückreichen. Der Bericht war ein Weckruf für die evangelische Kirche und führte zu einem breiten öffentlichen Druck, endlich umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um Missbrauch in kirchlichen Strukturen aufzudecken und zu verhindern.
Die EKD hat angekündigt, sich für eine vollständige Aufklärung und Unterstützung der Opfer einzusetzen. Dennoch bleibt die Kritik, dass die Kirche bisher nur zögerliche Schritte unternommen hat und der Schutz von Betroffenen nicht im vollen Umfang gewährleistet ist. Auch der Vorwurf mangelnder Transparenz steht im Raum: Opferverbände beklagen, dass Informationen über den Stand der Aufarbeitung oft unzureichend und die Zusammenarbeit mit Betroffenen nicht umfassend genug seien.
Forderungen nach strukturellen Veränderungen und Prävention
Betroffene fordern neben Transparenz und Monitoring auch strukturelle Veränderungen in der EKD, die es zukünftig erschweren sollen, dass Missbrauchsfälle vertuscht werden. Ein zentrales Anliegen ist, dass klare Präventionsmaßnahmen entwickelt werden, die in allen kirchlichen Einrichtungen verbindlich umgesetzt werden müssen. Dazu zählen verpflichtende Schulungen für kirchliche Mitarbeitende, umfassende Informationskampagnen und niedrigschwellige Meldewege für Betroffene.
Die EKD betont, dass sie die Anliegen der Betroffenen ernst nehme und sich den Herausforderungen stellen wolle. Dennoch gibt es Stimmen, die bezweifeln, dass die Kirche zu den erforderlichen grundlegenden Änderungen bereit ist. Ein Sprecher der EKD erklärte, dass man bereit sei, alle möglichen Maßnahmen zu prüfen, um eine umfassende und transparente Aufarbeitung sicherzustellen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Synode bereit ist, auf die Forderungen nach unabhängiger Überwachung und verstärkter Prävention einzugehen.
EKD-Synode vor wegweisender Entscheidung
Für die EKD steht bei dieser Synode viel auf dem Spiel. Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und die Einführung nachhaltiger Präventionsmaßnahmen sind für die Glaubwürdigkeit der Kirche entscheidend. Viele Mitglieder der Synode und Vertreter der Kirche sind sich der Tragweite bewusst und betonen, dass die EKD aus den Fehlern der Vergangenheit lernen müsse. Die Opferverbände und Betroffenen hingegen fordern, dass nun konkrete Taten folgen, um das Vertrauen der Menschen in die Institution wiederherzustellen.
In den kommenden Tagen wird sich zeigen, inwieweit die EKD auf die Kritik eingeht und bereit ist, weitergehende Maßnahmen zu verabschieden, die nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern tatsächlich den Schutz der Menschen gewährleisten und die Kontrolle über den Umgang mit Missbrauchsfällen in den kirchlichen Strukturen verbessern. Die Entscheidung der Synode könnte ein wichtiges Signal setzen und bestimmen, wie die evangelische Kirche in Deutschland mit diesem schwierigen Kapitel ihrer Geschichte umgehen wird.