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Frankreich fürchtet „Mexikanisierung“ durch zunehmenden Drogenhandel und Gewalt

pedroprovazio (CC0), Pixabay

Angesichts der wachsenden Gewalt im Zusammenhang mit dem Drogenhandel warnen Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau und Justizminister Didier Migaud vor einer „Mexikanisierung“ des Landes. Bei ihrem Besuch in Marseille stellten die beiden Minister Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vor, die besonders in mittelgroßen Städten zu Schießereien und zunehmender Unsicherheit führt.

Während eines Besuchs im Viertel Maurepas in Rennes betonte Innenminister Retailleau: „Entweder kommt es zu einer allgemeinen Mobilisierung gegen den Drogenhandel – oder wir riskieren eine ‚Mexikanisierung‘ unseres Landes.“ Diese Aussage unterstreicht die Dringlichkeit, mit der die französische Regierung der Ausweitung des Drogenhandels und der damit verbundenen Gewalt begegnen will. Ein fünfjähriger Junge wurde kürzlich im Auto seines Vaters, einem mutmaßlichen Drogenhändler, durch Schüsse schwer verletzt, was die Besorgnis in der Bevölkerung weiter verstärkt hat.

Gewalt und Drogenhandel: Parallelen zu Mexiko?

Frankreich sieht sich zunehmend mit Phänomenen konfrontiert, die aus Lateinamerika bekannt sind. Justizminister Migaud sprach von „narkokriminellen Netzwerken“, die ihre Machtbereiche gewaltsam ausdehnen. Tatsächlich greifen Drogenhändler vermehrt auf Methoden zurück, die an südamerikanische Kartelle erinnern – brutale Einschüchterung und hohe Gewaltbereitschaft inklusive. Zwar liegt die Mordrate in Frankreich mit 1,5 Tötungsdelikten pro 100.000 Einwohnern weit unter Mexikos 23 pro 100.000, dennoch zeigen sich auch in Frankreich gefährliche Entwicklungen.

Clotilde Champeyrache, Expertin für Kriminalökonomie, erläuterte, dass junge Menschen zunehmend in den Drogenhandel hineingezogen werden. „Sie fungieren oft als Werkzeuge, werden bezahlt, um Aufträge auszuführen und sind dabei bereit, Gewalt anzuwenden“, erklärte sie.

Droht eine neue Welle der Korruption?

In einem vertraulichen Bericht betonte die Kriminalpolizei, dass das Profil junger französischer Krimineller zunehmend dem lateinamerikanischer „Sicarios“ ähnelt. Doch in Frankreich bleibt die Korruption vergleichsweise unsichtbar. Während in Mexiko Staat und Justiz durch das organisierte Verbrechen tief infiltriert sind, wird in Frankreich vor allem auf niedriger Ebene – etwa bei Hafenarbeitern – korrupt gehandelt, um die Drogenschmuggelrouten abzusichern.

Mexikanische Richter, die bei einem Besuch in Paris waren, rieten Frankreichs Justiz zu mehr Personal und härteren Gesetzen, um einer ähnlichen Entwicklung wie in Mexiko vorzubeugen. Die Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau wies jedoch darauf hin, dass Frankreich aktuell noch nicht von einer „Narkostaat“-Struktur betroffen ist. Dennoch warnte Senator Etienne Blanc, Berichterstatter einer Untersuchungskommission zum Drogenhandel, dass Frankreich eines Tages ein Narkostaat werden könnte, wenn die Verhältnisse so weitergehen.

Marseille als Symbol des Drogenproblems

Die Wahl von Marseille als Ort für die Ankündigung der Maßnahmen ist kein Zufall. Mit einer langen Geschichte als Drogenumschlagplatz hat die Hafenstadt immer wieder mit Drogengeschäften zu kämpfen. Allein 2023 wurden in Marseille 47 Drogenmorde verzeichnet, was die Stadt in der öffentlichen Wahrnehmung zur „Drogenhauptstadt“ Frankreichs macht.

Champeyrache beschrieb, wie die Dealer sich während der COVID-19-Pandemie neu aufstellten: mit Online-Angeboten und Lieferung nach Hause. „Kein Gebiet ist immun“, betont sie. Diese Verlagerung des Drogenhandels in neue Regionen führte zu einem starken Anstieg von Konflikten und damit auch von Gewalt.

Ein Wendepunkt für Frankreich?

Innenminister Retailleau beschreibt die aktuelle Lage als Wendepunkt. Er fordert eine konsequente Antwort, um die Ausweitung der „Narko-Enklaven“ und die drohende Schwächung der staatlichen Souveränität zu verhindern. Mit einer umfassenden „Mobilisierung“ will Frankreich seine Städte vor einer Spirale der Gewalt und Korruption bewahren.

Der Kampf gegen die „narcoracailles“ ist jedoch langwierig. Die Regierung muss künftig klug und hart gegen die kriminellen Strukturen vorgehen, um eine Mexikanisierung Frankreichs zu verhindern. Das Ausmaß der Herausforderung ist groß, doch Frankreich ist entschlossen, mit strengen Gesetzen, verbesserter Strafverfolgung und verstärkter Kontrolle entschlossen gegen die Drogenkriminalität vorzugehen.

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