Der Skandal um die Zustände in der Justizvollzugsanstalt Gablingen weitet sich aus. Nun ist bekannt geworden, dass sich auch der zweite Anstaltsarzt wegen schwerwiegender Missstände an das bayerische Justizministerium gewandt hat. Das Ministerium bestätigte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR), dass der Mediziner bereits rund einen Monat vor seiner Kollegin auf die besorgniserregenden Zustände in der Haftanstalt aufmerksam machte.
Laut BR-Informationen meldete sich der Arzt telefonisch und beschrieb eine beunruhigende Situation: Die stellvertretende Leiterin der JVA habe darauf bestanden, ein vertrauliches Patientengespräch zwischen dem Arzt und einem Häftling zu überwachen – ein Eingriff, der das sensible Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient massiv bedrohte. Der Mediziner lehnte die Überwachung entschieden ab und berief sich auf die ärztliche Schweigepflicht, ein Grundpfeiler seiner beruflichen Ethik. Diesen Vorfall schilderte er später auch seiner Kollegin, die daraufhin Wochen später einen schriftlichen Brandbrief ans Justizministerium richtete.
In der JVA Gablingen sollen laut weiteren Berichten Häftlinge teils unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht sein. Die beiden Ärzte, die sich unabhängig voneinander an das Ministerium gewandt haben, werfen ein düsteres Licht auf eine Institution, die sich zunehmend im Kreuzfeuer der Kritik befindet. Der Vorwurf lautet, dass grundlegende Rechte der Gefangenen missachtet werden und die Gesundheitsversorgung ernsthafte Mängel aufweist. Der Druck auf das Justizministerium wächst, Antworten zu liefern und die Zustände in Gablingen einer umfassenden Prüfung zu unterziehen.