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Interview mit Rechtsanwältin Bontschev: Rechtliche Überlegungen bei der Investition in Dividendenaktien

TeroVesalainen (CC0), Pixabay

Interviewer: Frau Bontschev, viele Anleger interessieren sich aktuell für Dividendenaktien und bauen Depots mit Schwerpunkt auf Einzelwerten und Dividendenwachstum auf. Welche rechtlichen Aspekte sollten sie dabei beachten?

Rechtsanwältin Bontschev: Dividendenaktien sind eine beliebte Anlageform, gerade weil sie regelmäßige Ausschüttungen bieten und oft als stabil gelten. Dennoch sollten Anleger einige wichtige rechtliche Punkte berücksichtigen. Zunächst ist es wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen und steuerlichen Auswirkungen von Dividenden in den verschiedenen Ländern zu verstehen, in denen die Unternehmen ansässig sind. Besonders bei internationalen Investments können hier erhebliche steuerliche Belastungen anfallen, wie etwa Quellensteuern, die je nach Land variieren.

Interviewer: Könnten Sie ein Beispiel für solche steuerlichen Aspekte geben?

Rechtsanwältin Bontschev: Nehmen wir zum Beispiel Investitionen in US-amerikanische oder schweizerische Unternehmen. Bei beiden fallen Quellensteuern auf Dividenden an, die bei der Ausschüttung einbehalten werden. Für deutsche Anleger kann dies zu einer doppelten Belastung führen, da auf die Dividenden sowohl im Ausland als auch in Deutschland Steuern fällig werden. Zwar gibt es mit vielen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen, die eine teilweise oder vollständige Anrechnung der ausländischen Quellensteuer ermöglichen, doch dies erfordert einen bürokratischen Aufwand. Anleger sollten sich informieren, ob und wie sie die einbehaltenen Quellensteuern zurückfordern können.

Interviewer: In dem vorgestellten Depot werden Dividendenaktien aus unterschiedlichen Branchen und Ländern kombiniert. Gibt es rechtliche Unterschiede, auf die man in spezifischen Sektoren achten sollte?

Rechtsanwältin Bontschev: Ja, je nach Branche und Herkunftsland können sich die gesetzlichen Regelungen stark unterscheiden. Im Gesundheitssektor, zum Beispiel bei Unternehmen wie Johnson & Johnson oder CVS Health, kann es zusätzlich regulatorische Hürden geben, insbesondere in Bezug auf Compliance und Haftungsthemen. Pharmakonzerne sind oft strengen Vorschriften unterworfen, was ihre Finanzstabilität und die Kontinuität der Dividendenzahlungen beeinflussen kann. Diese Unternehmen sind in ihrer Risikostruktur anders aufgestellt als beispielsweise Versorger oder Konsumgüterhersteller.

Interviewer: Sie sprechen ein weiteres Thema an: das rechtliche Risiko. Können Dividendenstrategien hier Nachteile haben?

Rechtsanwältin Bontschev: Absolut. Anleger sollten stets beachten, dass Dividendenzahlungen freiwillige Unternehmensentscheidungen sind und von Jahr zu Jahr variieren können. Rechtliche Risiken können auftreten, wenn Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten und Dividenden kürzen oder streichen müssen. Gerade bei Krisen, wie wir sie in der Vergangenheit in verschiedenen Branchen gesehen haben, kann es dazu kommen, dass Anleger ihre Renditen verlieren. Einige Sektoren, wie etwa die Technologie- oder Biotech-Industrie, sind auch anfälliger für Schwankungen, was rechtliche Unsicherheiten in Bezug auf Patente und regulatorische Vorschriften betrifft.

Interviewer: Ein immer populäreres Thema ist das Investment in REITs, die ebenfalls hohe Dividenden ausschütten. Gibt es hier spezifische rechtliche Überlegungen?

Rechtsanwältin Bontschev: REITs (Real Estate Investment Trusts) bieten oft hohe Dividenden, da sie gesetzlich verpflichtet sind, einen großen Teil ihrer Gewinne an die Aktionäre auszuschütten. Doch auch hier gilt es, auf rechtliche Details zu achten. REITs sind im Grunde spezielle Immobilienunternehmen und unterliegen je nach Land spezifischen Regularien. Anleger sollten bedenken, dass REITs oft stark von der Zinspolitik beeinflusst werden und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten anfälliger für Wertschwankungen sein können. Ein rechtliches Risiko besteht hier unter anderem in Bezug auf die Einhaltung der Ausschüttungsverpflichtungen und den Schutz der Investoren bei Insolvenzen oder größeren Marktkorrekturen.

Interviewer: Wie sieht es mit der Sicherheit von Investitionen in Unternehmen aus, die in stark regulierten Sektoren tätig sind, wie etwa Finanzdienstleister oder Rüstungsunternehmen?

Rechtsanwältin Bontschev: Finanzdienstleister und Rüstungsunternehmen unterliegen oft strengen regulatorischen Anforderungen, die ihre Geschäftstätigkeit einschränken oder erschweren können. Solche Unternehmen können erheblichen Compliance- und Haftungsrisiken ausgesetzt sein. Bei Verstößen gegen Gesetze oder Vorschriften kann es zu empfindlichen Strafen kommen, die die Dividendenfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigen. Für Investoren bedeutet dies ein zusätzliches rechtliches Risiko, da die finanzielle Stabilität und damit auch die Ausschüttungsfähigkeit in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Rüstungsunternehmen wie Lockheed Martin sind zudem politisch sensibel, was ebenfalls ein rechtliches Risiko darstellen kann, sollte es zu veränderten politischen oder regulatorischen Rahmenbedingungen kommen.

Interviewer: Ein weiterer Aspekt, der häufig erwähnt wird, ist die Selbstverwahrung von Aktien. Welche rechtlichen Risiken bestehen hier für Privatanleger?

Rechtsanwältin Bontschev: Die Selbstverwahrung von Aktien bringt rechtliche Risiken mit sich, insbesondere in Bezug auf die Absicherung und Verwahrung der Anlagen. Viele Anleger nutzen dafür spezialisierte Depotbanken, um ihre Anteile sicher zu verwahren. Eine rechtliche Herausforderung besteht jedoch, wenn Aktien selbst verwahrt werden, da dies eine höhere Eigenverantwortung erfordert und bei Verlust oder Diebstahl rechtliche Absicherungen meist fehlen. Privatanleger sollten daher gut abwägen, ob die Selbstverwahrung ihren Bedürfnissen entspricht oder ob eine Verwahrung über etablierte Depotbanken nicht sicherer wäre.

Interviewer: Zum Schluss: Welche rechtlichen Empfehlungen geben Sie Anlegern, die langfristig ein Dividendendepot aufbauen möchten?

Rechtsanwältin Bontschev: Grundsätzlich rate ich Anlegern, sich umfassend über die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Investitionen zu informieren und bei Unsicherheiten professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Eine diversifizierte Anlagestrategie kann das Risiko streuen, da sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen in verschiedenen Sektoren und Ländern stark unterscheiden können. Schließlich sollten Anleger ein Auge auf regulatorische Entwicklungen und steuerliche Änderungen haben, die sich auf die Stabilität und Rentabilität ihres Depots auswirken könnten.

Link: https://www.youtube.com/watch?v=xNxdnw77YFg

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