Mit dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes am 1. November wird es Menschen in Deutschland möglich gemacht, ihren Vornamen und Geschlechtseintrag durch eine einfache Erklärung beim Standesamt anzupassen. Dies gilt für die Einträge „weiblich“, „männlich“ oder „divers“ und eröffnet auch die Möglichkeit, vollständig auf einen Geschlechtseintrag zu verzichten. Die Reform zielt darauf ab, den Weg zur Anerkennung der Geschlechtsidentität zu entbürokratisieren und besonders für trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen den Zugang zu einer angemessenen Identitätsdarstellung zu erleichtern.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus bezeichnete den 1. November als einen „besonderen Tag für alle Betroffenen“, die oft einen langen und mühsamen Weg durchlaufen mussten, um ihre geschlechtliche Identität in offiziellen Dokumenten zu verankern. Zuvor waren langwierige gerichtliche Verfahren sowie ärztliche und psychologische Gutachten erforderlich, die die Identitätsänderung sowohl finanziell als auch zeitlich erschwerten. „Das neue Gesetz ist ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Anerkennung,“ so Paus. Es gehe darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Identität selbstbestimmt und frei von äußeren Zwängen zu gestalten.
Schon vor dem Stichtag zeigen sich vor allem im Norden Deutschlands ein großes Interesse und eine hohe Nachfrage nach den Möglichkeiten des neuen Gesetzes. So meldeten sich bereits etwa tausend Menschen bei den Standesämtern, die meisten davon in Hamburg, wo über 500 Anträge eingingen. Auch in weiteren Großstädten wie Berlin und München wird eine hohe Nachfrage erwartet. Behördenvertreter*innen und Unterstützungsorganisationen bereiten sich darauf vor, den großen Andrang zu bewältigen und den Betroffenen die Abwicklung so einfach wie möglich zu machen.
Neben der unmittelbaren Namens- und Geschlechtsänderung sollen auch mögliche Diskriminierungen in Alltagssituationen minimiert werden. Für viele bedeutet das Gesetz daher nicht nur die formelle Anerkennung ihrer Identität, sondern auch die Möglichkeit, im Alltag authentisch und selbstbewusst aufzutreten. Die Vereinfachung könnte zudem das Bewusstsein für geschlechtliche Vielfalt in der Gesellschaft weiter stärken und zu einer erhöhten Akzeptanz beitragen.
Fachleute begrüßen die Reform als einen dringend notwendigen Schritt zur Modernisierung des Personenstandsrechts. Kritiker des bisherigen Transsexuellengesetzes bemängelten seit Jahren, dass die damaligen Regelungen veraltet und für die Betroffenen belastend seien. Mit dem neuen Gesetz hat sich Deutschland nun anderen Ländern angeschlossen, die ähnliche Gesetze zur Förderung der Geschlechtsidentität auf den Weg gebracht haben.
Experten erwarten, dass das neue Gesetz auch eine positive Auswirkung auf die psychische Gesundheit vieler Betroffener haben wird, da eine unbürokratische Namens- und Geschlechtsanpassung zu einem gesteigerten Wohlbefinden und mehr Akzeptanz der eigenen Identität beitragen kann. Das Selbstbestimmungsgesetz steht somit als Symbol für eine inklusive und respektvolle Gesellschaft und stärkt das Grundrecht auf Selbstbestimmung und freie Persönlichkeitsentfaltung in Deutschland.