Der Cybathlon in Zürich verfolgt ein klares Ziel: die Entwicklung alltagstauglicher Technologien für Menschen mit Behinderung voranzutreiben. Bei diesem internationalen Wettbewerb messen sich Entwicklerteams aus Wissenschaft und Industrie in einer Vielzahl an Disziplinen, um die neuesten technischen Innovationen für ein selbstbestimmtes Leben zu präsentieren und ihre praktische Anwendbarkeit unter Beweis zu stellen.
Technologien für ein besseres Leben
Ein Team könnte sich beispielsweise in der Disziplin beweisen, bei der es mit einer robotischen Armprothese Schuhe bindet, ein anderes demonstriert dank einer hochentwickelten Beinprothese, wie es möglich ist, sicher über unebenes Terrain zu balancieren. Auch ein Rennen für blinde Menschen mit Sehassistenztechnologien ist Teil des Wettbewerbs. Jede Herausforderung ist so konzipiert, dass sie reale Alltagsaufgaben simuliert, um die Teilnehmer auf ihre Praxistauglichkeit zu testen. Etwa 75 internationale Teams treten an, darunter Teams aus renommierten Forschungseinrichtungen und Hightech-Unternehmen. Die Teams bestehen aus Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Personen mit Behinderung, die ihre Fähigkeiten und ihre Technologien in verschiedenen Disziplinen unter Beweis stellen.
Innovation aus Bayern: Der EDAN-Roboterarm
Unter den diesjährigen Teilnehmenden ist das Team EDAN aus dem bayerischen Weßling. Ihr Beitrag ist ein innovativer Leichtbauroboterarm mit fünf Fingern, entwickelt vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum. Dieser Arm wird nicht wie übliche Prothesen über einen Joystick gesteuert, sondern durch Sensoren auf der Hautoberfläche, die die Muskelsignale des Nutzers messen und in präzise Bewegungskommandos übersetzen. Um die Nutzung intuitiver zu gestalten, wird künstliche Intelligenz eingesetzt, die lernt, wie alltägliche Objekte – wie eine Trinkflasche – sicher ergriffen und zum Mund geführt werden können.
Gedankensteuerung: Das Brain-Computer Interface
Ein besonderes Highlight des Cybathlon 2024 ist das Rennen mit Gedankensteuerung, auch bekannt als Brain-Computer Interface. Hier zeigt das Racing Team Mirage 91 der Technischen Universität Graz eine Technologie, die es ermöglicht, Rennfahrzeuge im Computerspiel ausschließlich mit Gedankenkraft zu steuern. Durch eine spezielle Elektrodenkappe werden Hirnaktivitäten gemessen und in Echtzeit in technische Steuerungssignale umgewandelt. Diese bahnbrechende Technologie zeigt eindrucksvoll, wie weit die Forschung im Bereich der Gehirn-Computer-Interaktion bereits fortgeschritten ist und eröffnet neue Möglichkeiten für Menschen mit starken motorischen Einschränkungen.
Die Vision des Cybathlons: Gesellschaftliches Bewusstsein und technologische Weiterentwicklung
Der Cybathlon ist eine Idee von Robert Riener, Professor für sensomotorische Systeme an der ETH Zürich. Er erkannte, dass ein sportlicher Wettkampf den Entwicklungsprozess neuer Assistenzsysteme enorm beschleunigen könnte und gleichzeitig das Bewusstsein für die alltäglichen Herausforderungen von Menschen mit Behinderung schärft. Über 15 Prozent der Weltbevölkerung leben mit einer Behinderung, was für viele den Alltag erschwert und den Zugang zu vielen Aktivitäten und Berufsbereichen erschwert. Der Cybathlon soll hier nicht nur Lösungen präsentieren, sondern auch ein starkes Zeichen setzen, wie Technologie Barrieren überwinden kann.
Neben dem Wettbewerb ist der Cybathlon auch eine Plattform für Austausch und Vernetzung. Die dreitägige Veranstaltung bietet Teams und Besuchern die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen, Kooperationen zu fördern und Einblicke in die Zukunft der Assistenztechnologie zu gewinnen. Der Cybathlon 2024 ist daher mehr als ein sportlicher Wettkampf: Er ist eine Veranstaltung, die zeigt, wie technische Innovationen das Leben von Millionen Menschen verändern und ihnen ein Stück Unabhängigkeit und Lebensqualität zurückgeben können.