In Deutschland sprechen sich die Hausärzte entschieden für die Beibehaltung der telefonischen Krankschreibung aus und lehnen Forderungen nach ihrer Abschaffung ab. Nicola Buhlinger-Göpfarth, die Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, erklärte in einem Interview mit der Rheinischen Post, dass die Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung sowohl aus medizinischer als auch aus organisatorischer Sicht sinnvoll sei. Sie betonte, dass die telefonische Krankschreibung eine der wenigen politischen Maßnahmen sei, die tatsächlich zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens beitrage und in den letzten Jahren erfolgreich umgesetzt wurde.
Vorteile der telefonischen Krankschreibung für das Gesundheitssystem
Für die Hausärzte ist die telefonische Krankschreibung vor allem in der Grippe- und Erkältungssaison ein wichtiges Instrument, um die Praxen zu entlasten. Diese Möglichkeit erlaubt es Patienten, bei leichten Erkältungssymptomen eine Krankschreibung zu erhalten, ohne die Praxis betreten und dadurch andere Patienten sowie das Praxispersonal einem Infektionsrisiko aussetzen zu müssen. „Gerade bei Erkältungskrankheiten kann eine telefonische Krankschreibung das Ansteckungsrisiko erheblich verringern und eine weitere Verbreitung der Krankheit vermeiden,“ erklärte Buhlinger-Göpfarth. Insbesondere bei pandemiebedingten oder saisonalen Spitzen sei es wichtig, die Praxen von unnötigem Publikumsverkehr zu entlasten, sodass sich die Ärzte auf schwerere Fälle konzentrieren können.
Kritik von politischen und wirtschaftlichen Akteuren
Kritik an der telefonischen Krankschreibung kommt unter anderem von Bundesfinanzminister Christian Lindner sowie vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft und der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Sie befürchten, dass die Möglichkeit zur Krankschreibung ohne persönlichen Arztkontakt Missbrauch fördern könnte. Arbeitgebervertreter argumentieren, dass die Kontrolle über den tatsächlichen Gesundheitszustand des Arbeitnehmers erschwert werde und damit die Verlässlichkeit der Krankschreibung in Frage stünde. Auch Finanzminister Lindner äußerte Bedenken und sieht eine Rückkehr zur klassischen Krankschreibung als sinnvollen Schritt.
Entlastung für Patienten und Praxen
Der Hausärzteverband entgegnet dieser Kritik mit dem Hinweis, dass die Erfahrungen in den vergangenen Jahren gezeigt hätten, dass die telefonische Krankschreibung von den meisten Patienten verantwortungsvoll genutzt werde. Sie sei eine wichtige Entlastung nicht nur für Praxen, sondern auch für Patienten, die oft lange Wartezeiten in den Praxen vermeiden und ihre Symptome frühzeitig und sicher von zu Hause melden könnten. „Gerade für ältere oder chronisch kranke Patienten, die häufig unter Begleiterkrankungen leiden, stellt die telefonische Krankschreibung eine sichere und patientenfreundliche Alternative dar,“ so Buhlinger-Göpfarth weiter.
Forderung nach Erhalt und Optimierung der telefonischen Krankschreibung
Buhlinger-Göpfarth und der Hausärzteverband sprechen sich dafür aus, die telefonische Krankschreibung dauerhaft im Gesundheitssystem zu verankern und bei Bedarf durch Maßnahmen zur Missbrauchsvermeidung zu optimieren. Vorschläge umfassen etwa die Festlegung klarer Richtlinien und einer Dokumentationspflicht, um den Missbrauch gezielt einzuschränken und gleichzeitig die Vorteile für das Gesundheitssystem zu erhalten. Laut dem Hausärzteverband habe die telefonische Krankschreibung während der Pandemie ihre Effizienz bewiesen und zeige, dass solche flexiblen Lösungen eine moderne, patientenorientierte Gesundheitsversorgung unterstützen können.
Fazit: Ein sinnvolles Mittel für ein entlastetes Gesundheitssystem
Die telefonische Krankschreibung hat sich nach Ansicht der Hausärzte als ein wichtiges Instrument zur Entlastung der Praxen und zur Reduzierung von Infektionsrisiken etabliert. Durch den einfachen Zugang erhalten Patienten schnell die notwendige Unterstützung, ohne sich oder andere durch den Besuch einer Praxis zu gefährden. Der Hausärzteverband sieht darin einen wichtigen Fortschritt für ein flexibles, zeitgemäßes Gesundheitssystem und appelliert an die Politik, dieses Instrument beizubehalten und gegebenenfalls weiter zu verbessern, um den Bedürfnissen der Patienten und der Praxen gleichermaßen gerecht zu werden.