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Interview mit Rechtsanwalt Reime: Rechtliche Bewertung eines Videos über frühzeitigen Ruhestand mit Bitcoin

petre_barlea (CC0), Pixabay

Interviewer: Herr Reime, in einem Video wird suggeriert, dass man mit gezielten Bitcoin-Investitionen früher in Rente gehen könne. Der Sprecher zeigt dies mit Hilfe eines „Bitcoin Red Diamond Calculators“ und erklärt, wie sich Anleger darauf vorbereiten können. Welche rechtlichen Fragen stellen sich bei solchen Aussagen?

Rechtsanwalt Reime: Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass der Handel mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen nicht per se illegal ist. Allerdings stellt sich bei derartigen Versprechungen die Frage, ob hier möglicherweise eine unerlaubte Finanzberatung oder Anlageberatung vorliegt. Der Hinweis, dass es sich „natürlich nicht um eine Finanzberatung“ handle, schützt nicht davor, dass die tatsächliche Tätigkeit rechtlich anders eingestuft werden könnte. Wer spezifische Empfehlungen zu Investitionen gibt oder Tools zur Berechnung von Investitionszielen wie Renteneintrittsalter anbietet, könnte in die Kategorie der Finanzberatung fallen. Dies wäre in Deutschland erlaubnispflichtig und unterliegt der Aufsicht der BaFin.

Interviewer: Der Sprecher erwähnt mehrfach, dass die Angaben hypothetisch sind und niemand die Zukunft vorhersagen könne. Reicht das aus, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein?

Rechtsanwalt Reime: Solche Hinweise sind sicherlich sinnvoll und nötig, um die Risiken zu verdeutlichen, die mit dem Investment in Kryptowährungen verbunden sind. Dennoch bleibt fraglich, ob der durchschnittliche Zuschauer wirklich versteht, dass es sich um hypothetische Berechnungen handelt und nicht um verlässliche Aussagen. In der Praxis könnte dies den Eindruck einer garantierten Rendite erwecken, was problematisch ist. Auch der Einsatz eines „Calculators“, der mit optimistischen Renditen spielt, könnte leicht als irreführend angesehen werden, insbesondere wenn keine klaren Risikohinweise gegeben werden.

Interviewer: Was bedeutet es für den Anbieter, wenn eine unerlaubte Finanzberatung vorliegt?

Rechtsanwalt Reime: Sollte festgestellt werden, dass der Anbieter tatsächlich unerlaubt Finanz- oder Anlageberatung erbringt, drohen erhebliche rechtliche Konsequenzen. In Deutschland ist eine entsprechende Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) erforderlich. Ohne diese Erlaubnis handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden kann. Zudem könnten Anleger, die sich auf diese Beratung verlassen und Verluste erleiden, Schadensersatzansprüche gegen den Anbieter geltend machen.

Interviewer: Im Video wird auch auf ein kostenloses Erstgespräch verwiesen, um weitere Beratung zu erhalten. Könnte dies ein Problem darstellen?

Rechtsanwalt Reime: Ja, das könnte durchaus problematisch sein. Wenn im Erstgespräch konkrete Anlagetipps gegeben oder Strategien empfohlen werden, die den Kauf von Bitcoin betreffen, könnte dies als eine individuelle Finanzberatung ausgelegt werden. Solche Dienstleistungen sind in Deutschland streng reguliert, und es muss sichergestellt werden, dass der Anbieter alle rechtlichen Anforderungen erfüllt, wie etwa eine Erlaubnis der BaFin. Ohne diese Erlaubnis kann das Anbieten solcher Dienstleistungen rechtlich geahndet werden.

Interviewer: Welche Empfehlungen haben Sie für Verbraucher, die solche Angebote in Erwägung ziehen?

Rechtsanwalt Reime: Verbraucher sollten sehr vorsichtig sein, wenn sie solche Versprechen hören, insbesondere wenn es um Kryptowährungen wie Bitcoin geht. Es ist wichtig, dass sie sich bewusst machen, dass es keine garantierten Gewinne gibt und dass die Kurse von Kryptowährungen extrem volatil sind. Zudem sollten sie prüfen, ob der Anbieter der Beratung über die notwendigen Erlaubnisse verfügt. Auf der Website der BaFin kann man etwa nachsehen, ob ein Anbieter für Finanz- oder Anlageberatung zugelassen ist.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzung.

Rechtsanwalt Reime: Gern geschehen.

Link: https://www.youtube.com/watch?v=0lUsUT-J-PM

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