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Drastischer Anstieg: Zahl der allein lebenden Menschen in Spanien hat sich seit 1970 verachtfacht

diarypow (CC0), Pixabay

Die Zahl der allein lebenden Menschen in Spanien ist in den letzten fünf Jahrzehnten dramatisch gestiegen. Laut dem Bericht „La soledad en España“ des CEU-CEFAS Demographic Observatory hat sich der Anteil der Einpersonenhaushalte von 1,9 % im Jahr 1970 auf 11,1 % im Jahr 2024 erhöht. Heute lebt etwa jeder neunte Spanier allein, was einem sprunghaften Anstieg der Einpersonenhaushalte von 660.000 im Jahr 1970 auf 5,4 Millionen im Jahr 2024 entspricht.

Die Autoren der Studie, Joaquín Leguina und Alejandro Macarrón, betonen, dass dieser Anstieg die westlichen Gesellschaften – insbesondere Spanien – vor ein wachsendes Problem stellt: die zunehmende Einsamkeit und der Verlust familiärer Bindungen. Dieser Trend hat nicht nur tiefgreifende soziale, sondern auch wirtschaftliche und psychologische Auswirkungen.

Ursachen für den Anstieg der Einpersonenhaushalte

In Spanien sind derzeit 28 % aller Haushalte Einpersonenhaushalte. Auffällig ist, dass jüngere Menschen unter 20 Jahren und nur sehr wenige unter 25 Jahren allein leben. Der Trend, dass junge Menschen erst spät unabhängig werden, führt dazu, dass Einpersonenhaushalte bei Menschen zwischen 30 und 59 Jahren häufiger vorkommen, insbesondere bei Männern. Bei Männern in diesem Alter ist das Singledasein die häufigste Ursache für das Alleinleben, gefolgt von Scheidungen. Bei Frauen spielt die Verwitwung eine größere Rolle.

Der Rückgang der Geburtenrate, die steigende Scheidungsrate und die sinkende Zahl der Eheschließungen tragen erheblich zum Anstieg der Einpersonenhaushalte bei. „Im Vergleich zu vor einem halben Jahrhundert haben wir heute im Durchschnitt viel weniger Kinder und diese haben weniger oder gar keine Geschwister. Zudem heiraten weniger Menschen, und es gibt viel mehr Scheidungen“, erklären die Autoren der Studie.

Einsamkeit im Alter: Frauen über 60 besonders betroffen

Besonders ältere Menschen, insbesondere Frauen, sind häufig von Einsamkeit betroffen. Ab dem 60. Lebensjahr und mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der allein lebenden Frauen signifikant an. Bei Spaniern ab 65 Jahren leben fast 30 % der Frauen allein. Diese Einsamkeit im Alter wird als besonders schmerzhaft empfunden, da ältere Menschen in dieser Lebensphase oft vermehrt familiäre Zuneigung und Fürsorge benötigen, die jedoch zunehmend fehlt.

Die Autoren warnen, dass das Leben allein im Alter für viele Menschen eine schwere Belastung darstellt. Während einige Menschen das Alleinleben freiwillig wählen, leiden viele darunter, insbesondere wenn sie zunehmend auf Hilfe angewiesen sind und ihre Fähigkeiten verlieren, sich selbst zu versorgen.

Auswirkungen auf Kinder: Einsamkeit in der Kindheit

Einsamkeit betrifft nicht nur ältere Menschen, sondern auch Kinder. Die Studie hebt hervor, dass viele Kinder heute ohne Geschwister aufwachsen, was ihre soziale Entwicklung beeinträchtigen kann. Geschwister spielen eine wichtige Rolle in der Kindheit, da sie gemeinsam lernen, Konflikte zu lösen, Aktivitäten zu teilen und Verantwortung zu übernehmen. „Kinder, die ohne Geschwister aufwachsen, verpassen wichtige Lernerfahrungen, die für die soziale Entwicklung entscheidend sind“, betonen Leguina und Macarrón.

Psychische und physische Risiken durch Einsamkeit

Einsamkeit hat nicht nur soziale, sondern auch erhebliche gesundheitliche Folgen. Die Studie zeigt auf, dass unfreiwilliges Alleinleben das Risiko für psychische Erkrankungen und körperliche Gesundheitsprobleme erhöht. Insbesondere bei Männern steigt das Suizidrisiko um das 2,16-fache, wenn sie allein leben. Bei Frauen hingegen ist das Risiko für Selbstverletzungen erhöht. Studien aus Taiwan zeigen, dass Menschen, die in Einpersonenhaushalten leben, ein um 61 % höheres Risiko für psychische Störungen wie Angstzustände und Depressionen haben.

Die wirtschaftlichen Kosten der Einsamkeit

Der Anstieg der Einpersonenhaushalte hat auch erhebliche finanzielle Auswirkungen. Die Autoren der Studie schätzen, dass aufgrund der veränderten Familienstrukturen heute etwa drei Millionen zusätzliche Wohnungen benötigt werden. Diese Wohnungsnachfrage verursacht erhebliche Kosten: Bei durchschnittlichen Baukosten von 150.000 bis 200.000 Euro pro Wohnung belaufen sich die Gesamtkosten auf 450 bis 600 Milliarden Euro.

Fazit

Der starke Anstieg der allein lebenden Menschen in Spanien stellt das Land vor große soziale und wirtschaftliche Herausforderungen. Während einige Menschen das Alleinleben als persönliche Entscheidung treffen, leiden viele andere unter Einsamkeit – insbesondere ältere Menschen und Kinder. Diese Entwicklung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesellschaft, von der Zunahme psychischer und physischer Gesundheitsprobleme bis hin zu steigenden Wohnkosten. Eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über den Umgang mit diesem Phänomen ist dringend erforderlich, um Lösungen für die wachsende Einsamkeit in Spanien zu finden.

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