Interviewer: Herr Högel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben. Wir sprechen heute über das DeFi Power Finanzsystem, das als eine Lösung für sichere Geldanlagen und passiven Vermögensaufbau beworben wird. Das System wird von Thorsten Koch angeboten und verspricht hohe Renditen durch den Einsatz des dezentralen Finanzsystems (DeFi). Was halten Sie von solchen Angeboten?
Maurice Högel: Vielen Dank für die Einladung. Solche Angebote sind immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Die Idee, ein „dezentrales Finanzsystem“ zu nutzen, um hohe Renditen zu erzielen, basiert auf Technologien wie Blockchain und Kryptowährungen, die in den letzten Jahren stark an Aufmerksamkeit gewonnen haben. Allerdings sind diese Systeme alles andere als stabil und vorhersehbar. Die Volatilität von Kryptowährungen, kombiniert mit den Risiken unregulierter Finanzmärkte, macht das DeFi-System zu einem sehr spekulativen Feld. Es ist also keineswegs so sicher, wie es auf der Verkaufsseite von Thorsten Koch dargestellt wird.
Interviewer: Koch verspricht, dass Teilnehmer durch den Einsatz des DeFi-Systems ihre Finanzen „felsensicher“ schützen können. Gibt es überhaupt eine Garantie für solche Sicherheitsversprechen in einem dezentralen System?
Högel: Absolut nicht. DeFi ist per Definition dezentralisiert, was bedeutet, dass es keine zentrale Behörde gibt, die die Systeme überwacht oder im Notfall regulierend eingreifen kann. In traditionellen Finanzsystemen gibt es staatliche Aufsichtsbehörden, die sicherstellen, dass Investoren zumindest einen gewissen Schutz haben. Im DeFi-Bereich jedoch gibt es keinerlei institutionelle Sicherheitsnetze. Wenn eine Plattform scheitert oder gehackt wird, wie es bei einigen DeFi-Projekten bereits vorgekommen ist, gibt es oft keinen Weg, das verlorene Geld zurückzubekommen. Die Idee, dass man sein Vermögen „sicher schützen“ kann, ist daher irreführend. Das Risiko, Kapital zu verlieren, ist hier enorm hoch.
Interviewer: Laut Koch soll DeFi eine „finanzielle Jahrhundertchance“ bieten. Teilnehmer sollen mit DeFi hohe Renditen von 16 bis 20 % jährlich erzielen können. Wie bewerten Sie solche Renditeversprechen?
Högel: Renditeversprechen von 16 bis 20 % oder sogar mehr pro Jahr sollten bei jedem Investor die Alarmglocken läuten lassen. Solche Renditen klingen zu gut, um wahr zu sein – und in der Regel sind sie das auch. Wenn eine Anlageform wirklich derart hohe Gewinne garantieren könnte, würde jeder professionelle Investor sein Geld dorthin lenken. Der Kryptomarkt kann zwar phasenweise solche Renditen generieren, aber das geschieht oft nur in extrem volatilen Phasen. Ebenso schnell, wie hohe Gewinne erzielt werden können, können auch drastische Verluste eintreten. Kochs Darstellung von DeFi als ein einfacher Weg zum Reichtum blendet die massiven Risiken aus, die mit diesen Systemen verbunden sind.
Interviewer: Was sagen Sie zu dem Umstand, dass Koch offenbar auch den Euro-Kollaps als Szenario beschreibt und davor warnt, Ersparnisse auf dem Bankkonto zu lassen?
Högel: Solche Angstmacherei ist leider eine weit verbreitete Taktik in der Welt fragwürdiger Finanzprodukte. Das Szenario eines bevorstehenden Euro-Kollaps wird gerne von Personen genutzt, die in spekulative Märkte wie Kryptowährungen drängen. Es gibt derzeit keine seriösen Anzeichen dafür, dass der Euro vor einem vollständigen Zusammenbruch steht. Zudem bietet das traditionelle Bankensystem weitaus mehr Sicherheitsmechanismen, wie beispielsweise die Einlagensicherung, die Einlagen bis zu einem bestimmten Betrag schützt. DeFi hingegen bietet keinerlei derartige Absicherung. Anleger sollten sich darüber im Klaren sein, dass das, was als „Sicherheit“ verkauft wird, oft nur eine verzerrte Darstellung der Realität ist.
Interviewer: Der Kurs selbst verspricht Teilnehmern Zugang zu Telegram-Gruppen und regelmäßigen Markt-Updates. Diese Gemeinschaft wird als wertvoller Teil der Finanzakademie dargestellt. Ist das ein sinnvoller Mehrwert?
Högel: Solche Telegram-Gruppen oder exklusive Communities dienen oft dazu, ein Gefühl der Zugehörigkeit und Sicherheit zu erzeugen. In Wahrheit sind sie aber nicht viel mehr als Foren, in denen Informationen und Meinungen ausgetauscht werden, oft ohne jegliche fundierte Expertise. Es gibt keinerlei Garantie, dass die Informationen, die dort verbreitet werden, tatsächlich korrekt oder vertrauenswürdig sind. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass Teilnehmer von anderen „Investoren“ oder auch den Veranstaltern selbst zu riskanten Investments gedrängt werden. Diese Gruppen können auch zum Nährboden für unregulierte, möglicherweise sogar illegale Investment-Tipps werden.
Interviewer: Es wird auch stark auf Bonusse und „lebenslange Updates“ hingewiesen, die im Kurspreis enthalten sind. Wie bewerten Sie solche Zusätze?
Högel: Lebenslange Updates und ähnliche Boni sind oft nur ein Marketingtrick, um den Kurs wertvoller erscheinen zu lassen, als er ist. In den schnelllebigen Märkten von Kryptowährungen und DeFi ändern sich die Bedingungen ständig. Was heute noch relevant ist, kann morgen bereits überholt sein. Daher ist es fraglich, ob solche Updates tatsächlich einen langfristigen Mehrwert bieten. Zudem wird nicht klar, wie diese Updates tatsächlich finanziert werden oder wie regelmäßig sie kommen. Solche Versprechen sollten immer kritisch hinterfragt werden.
Interviewer: Was raten Sie Anlegern, die sich von Angeboten wie dem „DeFi Power Finanzsystem“ angesprochen fühlen?
Högel: Mein Rat ist, solche Angebote mit größter Vorsicht zu genießen. DeFi und Kryptowährungen sind hochspekulative Märkte, und es gibt keine Garantie, dass diese Technologien langfristig stabil bleiben. Wer in solche Märkte investieren möchte, sollte sich auf hohe Volatilität und potenziell totale Verluste einstellen. Bevor man sich auf solch riskante Investments einlässt, sollte man unbedingt eine umfassende Beratung bei einem unabhängigen Finanzberater in Anspruch nehmen. Besonders wichtig ist, dass man nicht von einer einzigen Quelle beeinflusst wird, insbesondere nicht von Verkaufswebinaren oder Communities, die nicht durch regulierte Finanzbehörden überwacht werden.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Högel, für Ihre Zeit und Ihre wertvollen Einblicke.
Högel: Gern geschehen. Ich hoffe, dass Anleger diese Themen mit der notwendigen Sorgfalt behandeln und sich umfassend informieren, bevor sie in riskante Märkte wie DeFi investieren.