Interviewer: Herr Reime, die VIVAT Exclusive GmbH hat ihren Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2023 veröffentlicht. Das Unternehmen ist bilanziell überschuldet, sieht aber dennoch eine Fortführung der Geschäftstätigkeit als gegeben an. Was bedeutet das für die Anleger?
Jens Reime: Die Bilanz zeigt, dass die VIVAT Exclusive GmbH bilanziell überschuldet ist, was bedeutet, dass die Verbindlichkeiten die Vermögenswerte übersteigen. Allerdings besteht durch die Nachrangdarlehen ein qualifizierter Nachrang, was bedeutet, dass diese Schulden im Insolvenzfall erst nach anderen Gläubigern bedient werden. Trotz der bilanziellen Überschuldung geht das Unternehmen von einer positiven Fortführungsprognose aus. Für Anleger bedeutet das, dass sie im Moment noch keine unmittelbare Gefahr sehen müssen, aber es besteht ein Risiko, dass zukünftige Investitionen nicht die erhofften Erträge liefern.
Interviewer: Das Unternehmen hat hohe Zinsaufwendungen für die Nachrangdarlehen und erzielt dennoch vergleichsweise geringe Zinserträge. Was sagt Ihnen das?
Jens Reime: Das ist ein typisches Problem bei Unternehmen, die sich über Nachrangdarlehen finanzieren. Diese Darlehen sind mit hohen Zinsversprechen verbunden, was die Gesellschaft stark belastet. Die Erträge aus den Investitionen, die das Unternehmen getätigt hat, reichen nicht aus, um die Zinsverpflichtungen vollständig zu decken. Das führt zu einem negativen Jahresergebnis, wie auch im Jahresabschluss sichtbar ist. Für Anleger besteht hier das Risiko, dass die Gesellschaft Schwierigkeiten bekommen könnte, die Darlehen und Zinsen zurückzuzahlen, wenn sich die Ertragssituation nicht deutlich verbessert.
Interviewer: Die Gesellschaft gibt an, dass sie innerhalb ihrer Planungen liegt und genügend Liquidität vorhanden ist. Wie bewerten Sie diese Aussage?
Jens Reime: Es ist positiv, dass die Gesellschaft ihre Planungen einhält und die Liquidität ausreichend ist. Dennoch sollte man beachten, dass die Liquidität hauptsächlich durch die Nachrangdarlehen gesichert ist, und diese müssen irgendwann bedient werden. Wenn zukünftige Investitionen nicht den gewünschten Erfolg bringen oder wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich verschlechtern, könnte die Liquiditätslage schnell kritisch werden. Anleger sollten daher die Entwicklungen genau verfolgen und sich nicht ausschließlich auf die derzeitige Liquidität verlassen.
Interviewer: Es wurden hohe Provisionen für den Vertrieb der Vermögensanlagen gezahlt. Was bedeutet das für Anleger?
Jens Reime: Hohe Vertriebsprovisionen sind oft ein Warnsignal, besonders bei Unternehmen, die Nachrangdarlehen anbieten. Solche Provisionen verringern das Kapital, das tatsächlich investiert werden kann, und erhöhen die Kosten der Gesellschaft. Für Anleger bedeutet das, dass ein erheblicher Teil ihres Kapitals nicht in gewinnbringende Investitionen fließt, sondern für die Vertriebsstruktur verwendet wird. Dies mindert die Ertragskraft der Anlage und erhöht das Risiko für den Anleger.
Interviewer: Gibt es aus Ihrer Sicht besondere Risiken für die Anleger?
Jens Reime: Die Risiken liegen vor allem in der Abhängigkeit von den Investitionen der VIVAT Exclusive GmbH. Die Gesellschaft hat bisher in verschiedene Beteiligungen und Nachrangdarlehen investiert, und ihr Erfolg hängt stark vom Erfolg dieser Investments ab. Sollte sich eine dieser Investitionen nicht wie erwartet entwickeln oder sogar scheitern, könnte das zu erheblichen Verlusten führen. Ein weiteres Risiko sind die Zinsaufwendungen, die die Gesellschaft langfristig belasten. Da es sich um Nachrangdarlehen handelt, besteht für Anleger im schlimmsten Fall das Risiko eines Totalverlustes.
Interviewer: Was sollten Anleger jetzt tun?
Jens Reime: Anleger sollten sehr wachsam sein und die zukünftigen Entwicklungen genau beobachten. Wichtig ist, dass man sich bewusst macht, dass es sich bei Nachrangdarlehen um eine riskante Anlageform handelt. Wer investiert ist, sollte die Liquiditätsentwicklung der VIVAT Exclusive GmbH verfolgen und prüfen, ob die Investitionen des Unternehmens die prognostizierten Erträge erzielen. Es kann auch sinnvoll sein, sich unabhängige Beratung zu holen, um die eigene Anlagestrategie zu überdenken.
Interviewer: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Reime!