Start Verbraucherschutz Interview mit Rechtsanwältin Bontschev: Rechtliche Analyse von Finanzinhalten in sozialen Medien

Interview mit Rechtsanwältin Bontschev: Rechtliche Analyse von Finanzinhalten in sozialen Medien

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kreatikar (CC0), Pixabay

Interviewer: Frau Bontschev, der besprochene Text beschreibt, wie ein Content Creator auf Social Media Finanzinformationen teilt, dabei aber ausdrücklich betont, dass dies keine Handlungsempfehlungen sind. Welche rechtlichen Aspekte spielen hier eine Rolle?

Rechtsanwältin Bontschev: Es ist wichtig zu verstehen, dass Finanzinformationen, insbesondere wenn sie konkrete Anlageprodukte oder Strategien erwähnen, in den Bereich der Anlageberatung fallen können. In Deutschland sind Anlageberatungen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) streng reguliert. Nur Personen oder Institutionen, die über eine entsprechende Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verfügen, dürfen solche Beratungen erbringen. Auch wenn der Ersteller des Inhalts wiederholt betont, dass es keine Empfehlung ist, können bestimmte Formulierungen und der Kontext als beratungsähnlich aufgefasst werden, was rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Interviewer: Der Ersteller spricht häufig über bestimmte Markttrends und potenzielle Risiken und Chancen, verweist aber auf die eigene Verantwortung der Zuschauer, Analysen durchzuführen. Ist das aus rechtlicher Sicht ausreichend?

Rechtsanwältin Bontschev: Der Hinweis auf die Eigenverantwortung der Zuschauer ist hilfreich, entbindet den Ersteller jedoch nicht vollständig von der Haftung. Wenn konkrete Produkte oder Strategien erwähnt werden, kann dies als implizite Empfehlung verstanden werden, auch wenn der Ersteller sich distanziert. Ein wichtiger rechtlicher Aspekt ist, ob der Inhalt dazu führt, dass Zuschauer in Folge dieser Informationen investieren und dabei Verluste erleiden. Wenn dies der Fall ist, könnte der Content Creator haftbar gemacht werden, besonders wenn er als Experte auftritt oder durch die Inhalte finanziell profitiert.

Interviewer: Der Ersteller weist darauf hin, dass seine Inhalte rein informativen und unterhaltsamen Zwecken dienen. Wie viel Schutz bietet dieser Hinweis tatsächlich?

Rechtsanwältin Bontschev: Solche Hinweise können den Ersteller bis zu einem gewissen Grad schützen, indem sie klarmachen, dass keine professionelle Beratung stattfindet. Allerdings kann der rechtliche Schutz eingeschränkt sein, wenn der Inhalt in der Praxis Empfehlungen gibt oder die Zuschauer zu bestimmten Handlungen bewegt. Die Gesamtwirkung des Inhalts und wie er von einem durchschnittlichen Zuschauer verstanden wird, ist entscheidend. Wenn die Aussagen als konkrete Handlungsanweisungen wahrgenommen werden, kann das trotz des Hinweises problematisch sein.

Interviewer: Wie sieht es mit der Haftung aus, wenn Zuschauer aufgrund der Informationen handeln und Verluste erleiden?

Rechtsanwältin Bontschev: Wenn Zuschauer aufgrund der bereitgestellten Informationen investieren und Verluste erleiden, besteht ein Haftungsrisiko. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ersteller des Inhalts eine gewisse Autorität oder Expertise beansprucht. Es ist ratsam, dass Content Creator sehr vorsichtig sind, wie sie ihre Aussagen formulieren und keine überzogenen Gewinnversprechen machen. Zudem sollten sie darauf achten, die Zuschauer regelmäßig darauf hinzuweisen, dass jede Investition mit Risiken verbunden ist.

Interviewer: Der Ersteller verweist zudem auf Werbepartner und Verlinkungen zu Finanzprodukten. Welche rechtlichen Anforderungen gibt es hier?

Rechtsanwältin Bontschev: Sobald Werbepartner ins Spiel kommen, müssen die Inhalte klar und deutlich als Werbung gekennzeichnet werden. Dies ist in Deutschland durch das Telemediengesetz (TMG) geregelt. Wenn der Ersteller für das Bewerben bestimmter Produkte oder Dienstleistungen Geld erhält, muss dieser Interessenkonflikt transparent offengelegt werden. Es ist auch wichtig, dass die Werbung nicht den Eindruck erweckt, neutral oder objektiv zu sein, wenn sie in Wahrheit kommerzielle Interessen verfolgt.

Interviewer: Was wäre Ihr abschließender Rat für Personen, die Finanzinhalte in sozialen Medien teilen möchten?

Rechtsanwältin Bontschev: Mein Rat ist, immer Transparenz zu wahren und klarzustellen, dass es sich um persönliche Meinungen und keine professionelle Beratung handelt. Zudem sollten keinerlei Garantien oder unrealistische Erwartungen hinsichtlich Gewinnen formuliert werden. Wenn jemand regelmäßig Finanzinhalte teilt und damit Geld verdient, sollte geprüft werden, ob eine BaFin-Lizenz erforderlich ist. Es ist auch entscheidend, regelmäßig auf die Risiken von Investitionen hinzuweisen, um den rechtlichen Rahmen einzuhalten.

Link:  https://www.youtube.com/watch?v=oRfTI1UefEc

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