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Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev zum Thema „Risiken und Chancen von Solarinvestments mit steuerlichen Vergünstigungen“

stevepb (CC0), Pixabay

Interviewer: Frau Bontschev, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Solarinvestments mit steuerlichen Vergünstigungen, wie dem Investitionsabzugsbetrag (IAB), scheinen auf den ersten Blick sehr attraktiv zu sein. Doch wie sollten Anleger
diese Angebote kritisch betrachten?

Kerstin Bontschev: Vielen Dank für die Einladung. Solarinvestments mit steuerlichen Anreizen können in der Tat verlockend erscheinen, besonders für Spitzenverdiener, die nach Wegen suchen, ihre Steuerlast zu optimieren. Allerdings sollten Anleger
sich der damit verbundenen Risiken bewusst sein und diese Angebote nicht nur aus steuerlicher, sondern auch aus finanzieller und rechtlicher Perspektive kritisch analysieren.

Interviewer: Welche spezifischen Risiken sehen Sie bei solchen Solarinvestments?

Kerstin Bontschev: Ein zentrales Risiko liegt in der Überbewertung der steuerlichen Vorteile. Die vorgestellten Modelle betonen die Möglichkeit, durch hohe Abschreibungen erhebliche Steuerersparnisse zu erzielen. Das klingt zunächst attraktiv, aber Anleger
sollten sich bewusst sein, dass diese Abschreibungen oft zu einer Verschiebung der Steuerlast in die Zukunft führen. Wenn die Einnahmen aus der Solaranlage nicht wie prognostiziert fließen, könnte dies zu finanziellen Engpässen führen, insbesondere wenn das Investment teilweise fremdfinanziert ist.

Ein weiteres Risiko besteht in der Finanzierungsstruktur. Die Beispiele zeigen, dass oft nur ein kleiner Teil des Kapitals direkt von den Anleger stammt und der Rest über Fremdkapital finanziert wird. Dies erhöht das Risiko erheblich, da die Zins- und Tilgungsverpflichtungen unabhängig von den tatsächlichen Erträgen der Solaranlage erfüllt werden müssen. Sollten die erwarteten Erträge ausbleiben oder geringer ausfallen, könnten Anleger Schwierigkeiten haben, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen.

Interviewer: Die Investitionen werden oft als sicher dargestellt, weil sie auf der gesetzlichen Einspeisevergütung basieren. Wie sicher ist diese Einnahmequelle tatsächlich?

Kerstin Bontschev: Die gesetzliche Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bietet in der Tat eine gewisse Sicherheit, da sie über einen Zeitraum von 20 Jahren garantiert wird. Allerdings gibt es auch hier Unsicherheiten. Die langfristige politische Stabilität und mögliche Änderungen in der Gesetzgebung könnten die Rahmenbedingungen für diese Vergütungen ändern. Zudem sind die Einspeisevergütungen in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken, was die Rentabilität neuerer Anlagen im Vergleich zu älteren Projekten verringert.

Ein weiterer Aspekt ist das technische Risiko. Solaranlagen haben zwar eine lange Lebensdauer, aber technische Probleme, wie die Degradation der Module oder Ausfälle von Wechselrichtern, können die Erträge mindern. Die Instandhaltungskosten könnten höher ausfallen als ursprünglich geplant, was die Rentabilität zusätzlich beeinträchtigen könnte.

Interviewer: Inwiefern sollten sich Anleger auch über die steuerlichen Risiken im Klaren sein?

Kerstin Bontschev: Die steuerlichen Risiken sind nicht zu unterschätzen. Zwar bieten IAB und Sonderabschreibungen kurzfristig erhebliche Steuervorteile, aber diese Steuervergünstigungen sind an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Wenn die geplante Investition nicht innerhalb des vorgesehenen Zeitraums realisiert wird oder die Anlage aus irgendeinem Grund nicht wie geplant betrieben werden kann, könnte das Finanzamt die gewährten Steuervergünstigungen rückgängig machen. Dies würde zu erheblichen Steuernachzahlungen führen.

Zudem gibt es das Risiko, dass das Finanzamt die Abzugsfähigkeit bestimmter Kosten infrage stellt oder dass sich steuerliche Rahmenbedingungen ändern. Daher ist es absolut notwendig, sich vor der Investition umfassend steuerlich beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass das geplante Modell steuerlich tragfähig ist.

Interviewer: Welche rechtlichen Aspekte sollten Anleger beachten?

Kerstin Bontschev: Anleger sollten die Vertragsbedingungen und die rechtliche Struktur des Investments genau prüfen. Es ist wichtig zu verstehen, welche Rechte und Pflichten sich aus dem Investment ergeben. Beispielsweise könnte die dingliche Sicherung des Nutzungsrechts an einem Dach, auf dem die Solaranlage installiert ist, komplexer sein, als es auf den ersten Blick erscheint. Auch die Regelungen im Insolvenzfall des Anbieters oder der Betreiberfirma sind von Bedeutung, da sie bestimmen, wie die Anleger
im Falle eines Ausfalls abgesichert sind.

Ein weiterer Punkt ist die Haftung. Solaranlagen sind oft in Gesellschaften oder Fonds strukturiert, bei denen die Haftung für Verluste auf die Anleger
übergehen kann. Hier ist es wichtig, genau zu wissen, welches Risiko man eingeht und wie hoch das potenzielle Verlustrisiko tatsächlich ist.

Interviewer: Was raten Sie Anleger , die über ein Investment in Solaranlagen nachdenken?

Kerstin Bontschev: Ich rate Anleger , Solarinvestments nicht ausschließlich aufgrund der steuerlichen Vorteile zu tätigen. Es ist entscheidend, das Investment ganzheitlich zu betrachten und sicherzustellen, dass es auch unabhängig von den Steuervorteilen wirtschaftlich sinnvoll ist. Eine gründliche Prüfung der finanziellen, technischen und rechtlichen Aspekte ist unerlässlich.

Zudem sollte man sich immer bewusst sein, dass jede Investition Risiken birgt. Diese Risiken sollten mit den eigenen finanziellen Zielen und der persönlichen Risikobereitschaft in Einklang stehen. Es ist auch ratsam, sich nicht nur auf die Informationen des Anbieters zu verlassen, sondern unabhängige Beratung in Anspruch zu nehmen, sowohl von einem Steuerberater als auch von einem erfahrenen Anwalt.

Interviewer: Vielen Dank, Frau Bontschev, für diese ausführliche und aufschlussreiche Analyse.

Kerstin Bontschev: Es war mir eine Freude. Anleger sollten sich immer umfassend informieren und sorgfältig abwägen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Solarinvestments können eine gute Möglichkeit sein, nachhaltige Erträge zu erzielen, aber sie sollten mit Vorsicht und fundierter Beratung angegangen werden.

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