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Jugendschutzprogramm

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ghcassel (CC0), Pixabay

Deutschlands einziges offizielles Jugendschutzprogramm für Internetseiten, JusProg, steht in der Kritik, da es nicht nur bedenkliche Webseiten blockiert, sondern auch Aufklärungsangebote, sogar von öffentlichen Stellen. Eine Recherche zeigt, dass die Filterfunktion auch Plattformen wie meincomingout.de blockiert, die persönliche Geschichten von trans Personen, Schwulen und Lesben teilen, sowie Links zu Beratungsangeboten bereitstellen.

Das Jugendschutzprogramm, das gesetzlichen Vorgaben in Deutschland entspricht, bewertete die Aufklärungsplattform bis vor Kurzem als „ab 18 Jahren“. Dies führte dazu, dass Jugendliche mit aktiviertem Jugendschutzfilter auf eine Informationsseite geleitet wurden, auf der stand: „Diese Webseite kannst du leider nicht ansehen. Das empfohlene Mindestalter für diese Seite ist 18 Jahre.“

Die Recherche deckte auf, dass JusProg Ende 2023 mindestens 70 Fälle von öffentlich finanzierten oder gemeinnützigen Informationsangeboten als ungeeignet für Kinder und Jugendliche einstufte, selbst wenn sie sich an diese Zielgruppe richteten. Beispiele reichen von Aufklärung zu Gesundheitsthemen bis zu Informationen zu unterschiedlichen Religionen. Betroffene Webseitenbetreiber zeigten sich überrascht von der Blockierung.

Das Jugendschutzprogramm, entwickelt vom Verein JusProg e.V., besteht aus einer Kombination von automatischen Verfahren und menschlichen Einschätzungen, um Webseiten zu klassifizieren. Die Verantwortlichen räumten ein, dass es zu „Overblocking“ kommen könne, bei dem für bestimmte Altersgruppen geeignete Seiten fälschlicherweise blockiert werden.

Selbst Erwachsene können betroffen sein, wenn sie sich in das BayernWLAN einwählen, das alle Webseiten mit einer Alterseinstufung von „ab 18 Jahren“ sperrt. Das WLAN-Netz, finanziert vom Freistaat Bayern, hat monatlich bis zu 12,5 Millionen Nutzer und ist mit dem Jugendschutzfilter von JusProg ausgestattet.

Das bayerische Finanzministerium, das für das BayernWLAN verantwortlich ist, betont, keinen Einfluss auf die Arbeitsweise des Filters zu nehmen. Webseiten der bayerischen Regierung sind ebenfalls betroffen, darunter Seiten, die über sexuell übertragbare Krankheiten aufklären.

JusProg plant nun Verbesserungen an seinem automatisierten System zur Altersbewertung von Webseiten und bezieht auch einige der neuesten LGBTIAQ+ Abkürzungen mit ein. Kritiker betonen jedoch, dass Filter allein nicht ausreichen und Jugendliche befähigt werden müssen, das Internet verantwortungsbewusst zu nutzen.

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