Die UNESCO-Fachleute haben empfohlen, dass Venedig auf die Rote Liste gefährdeten Welterbes gesetzt wird. Vor zwei Jahren konnte die italienische Stadt diesen Status durch die Verbannung von Kreuzfahrtschiffen abwenden. Im September dieses Jahres wird das UNESCO-Welterbekomitee erneut über diese Expertenempfehlung entscheiden.
In der aktuellen Expertenmitteilung vom Montag wurde betont, dass eine andauernde Verschlechterung durch menschliches Eingreifen, einschließlich der weiteren Entwicklung der Region, des Klimawandels und des Massentourismus, „irreversible“ Schäden verursachen könnte. Die Aufnahme auf die Rote Liste soll eine verstärkte Beteiligung lokaler, nationaler und internationaler Akteure fördern, um wirksame und nachhaltige Korrekturmaßnahmen zu entwickeln.
Die Bausubstanz in Venedig verschlechtert sich aufgrund von menschengemachten und natürlichen Faktoren, was zu einem Verfall des Stadtgebiets führt. Neben dem Tourismus werden auch Hochhausbauprojekte kritisiert, die einen „erheblichen negativen optischen Eindruck“ hinterlassen. Die UNESCO bemängelt, dass viele dieser Probleme seit Jahren bekannt sind.
Venedig und seine Lagune stehen seit 1987 auf der Weltkulturerbeliste. Die regelmäßigen Überflutungen in den Herbst- und Wintermonaten haben bereits zahlreiche Schäden verursacht, insbesondere das enorme Hochwasser im November 2019. Das gestiegene Meeresspiegelniveau stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Stadt dar. Um dem entgegenzuwirken, wurde das Flutschutzsystem MOSE entwickelt, dessen Bau jedoch aufgrund von Korruptions- und Geldwäschevorwürfen stockte und Jahrzehnte dauerte.
Schon vor zwei Jahren hatten UNESCO-Fachleute empfohlen, Venedig auf die Liste „gefährdetes Welterbe“ zu setzen, doch das Welterbekomitee folgte damals nicht dieser Empfehlung. Der Grund dafür war vermutlich, dass die italienische Regierung die Regeln für Kreuzfahrtschiffe geändert hatte, um das Fundament der Stadt vor den großen Wellen zu schützen.
Die aktuellen Maßnahmen der Regierung werden von der UNESCO jedoch als unzureichend betrachtet, da eine „allgemeine strategische Vision“ fehlt. Man will verhindern, dass Venedig zu einem Freilichtmuseum wird, und bemängelt weiterhin den zu hohen Massentourismus in der Stadt.
Um den „außergewöhnlichen universellen Wert“ der im fünften Jahrhundert gegründeten Stadt und ihrer Lagunen zu schützen, fordern die UNESCO-Experten die italienischen Behörden und zivilgesellschaftlichen Gruppen im In- und Ausland auf, sich stärker zu engagieren. Zu Spitzenzeiten übernachten rund 100.000 Touristen in der Stadt, zusätzlich zu den Zehntausenden Tagesbesuchern. Die geplante Eintrittsgebühr für Tagestouristen soll nun 2024 eingeführt werden, nachdem sie bereits mehrfach verschoben wurde.