Die Türkei steht vor einer weiteren Verschärfung der Geldpolitik, nachdem im Juni eine Zinswende vollzogen wurde. Gemäß dem Protokoll der Zinssitzung im Juni, das heute veröffentlicht wurde, wird der eingeschlagene Kurs fortgesetzt, bis sich die Inflationsaussichten deutlich verbessern.
Die Währungshüter hatten beschlossen, den Leitzins von 8,5 auf 15,0 Prozent anzuheben. Die aktuelle Inflationsrate liegt mit etwa 40 Prozent weit über dem Ziel der Zentralbank von 5,0 Prozent.
Zu Beginn der Woche erreichte die Lira ein neues Rekordtief gegenüber dem Dollar. Sie verlor 0,5 Prozent an Wert, sodass für einen Dollar 26,11 Lira bezahlt werden mussten. Die Lira hat in diesem Jahr allein gegenüber dem Dollar mehr als 28 Prozent abgewertet, nach 44 Prozent im Jahr 2021 und 30 Prozent im Jahr 2022. Dies verschärft das Inflationsproblem, da das rohstoffarme Land viele Waren aus dem Ausland importiert und diese in Fremdwährung bezahlen muss.
Die umstrittene Geldpolitik
Die langanhaltende unorthodoxe Geldpolitik der Zentralbank wird als eine Ursache für den Abwärtstrend angesehen. Im Gegensatz zu westlichen Zentralbanken hat die Türkische Zentralbank die Zinsen im Kampf gegen die Inflation nicht erhöht, sondern sogar gesenkt.
Unter der Leitung der neuen Chefin Hafize Gaye Erkan wurde nun eine Zinswende eingeleitet. Allerdings hatten befragte Ökonomen mit einer deutlich stärkeren Zinserhöhung auf 21,0 Prozent gerechnet.
Viele Investoren zweifeln an der Unabhängigkeit der Türkischen Zentralbank und sehen sie als unter dem Einfluss von Präsident Recep Tayyip Erdogan stehend. Erdogan hat sich mehrfach als Gegner von Zinserhöhungen bezeichnet, da er die heimische Wirtschaft mit billigem Geld ankurbeln möchte.
Nach seiner Wiederwahl vor wenigen Wochen signalisierte Erdogan jedoch eine Wende in seiner umstrittenen Politik. Er erklärte, dass sein neu ernannter Finanzminister Mehmet Simsek in Absprache mit der Zentralbank schnell Maßnahmen ergreifen werde: „Nach den Überlegungen unseres Finanzministers haben wir akzeptiert, dass er in Absprache mit der Zentralbank schnell Maßnahmen ergreifen wird.“