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Urteile zu gewerblichen Immobilien

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Den Zeitraum 2017/2018 ließen wieder viele Vermieter und Mieter gewerblicher Immobilien nicht ungenutzt, um sich vor Gerichten zu streiten. Besonders stachen Entscheidungen zur Untervermietung, Schriftform und zum Vermieterpfandrecht heraus: 

Kauf bricht nicht Miete – auch bei Untermiete möglich

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste zur Frage entscheiden, ob § 566 BGB „Kauf bricht nicht Miete“ auch bei der Untervermietung zur Anwendung kommt. § 566 BGB regelt, dass der Käufer einer Immobilie in die Rechte und Pflichten des bisherigen Eigentümers als Vermieter eintritt. Ansonsten könnte der neue Eigentümer von dem Mieter die Herausgabe der Immobilie verlangen, da der Erwerber mit dem Mieter keinen Mietvertrag abgeschlossen hat und daher nicht zur Überlassung der Mietsache verpflichtet ist.

Nach dem Wortlaut kann sich ein Mieter aber nur dann auf den Schutz dieser Vorschrift berufen, wenn der Vermieter auch der Eigentümer der veräußerten Mietsache ist. Aufgrund steuerlicher Vorteile lassen Eigentümer ihre Immobilien vermehrt von Dritten vermieten. Veräußert dann der Eigentümer die Immobilie, kann der neue Erwerber vom Mieter die Herausgabe der Mietsache verlangen, da die Vorschrift des § 566 BGB nicht greift.

Der BGH hat nun entschieden, dass § 566 BGB in diesen Fällen entsprechend anwendbar ist, wenn der Vermieter selbst kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat und die Vermietung im alleinigen Interesse des veräußernden Eigentümers erfolgte.

(BGH, Urteil v. 12.07.2017, Az.: XII ZR 26/16)

Verwendung eines Betriebsstempels zur Unterschrift

Ein immer wiederkehrender Streitpunkt ist, ob das Schriftformerfordernis ausreichend gewahrt wurde. Fehlt es an diesem, gilt § 550 BGB und der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit mit der Folge, dass er ordentlich gekündigt werden kann. In diesem Fall hatte das Oberlandesgericht Rostock über einen Vertrag mit langer Laufzeit zu entscheiden:

Den Vertrag hatten lediglich zwei von drei Geschäftsführern unterschrieben, allerdings ohne den Zusatz, hierbei den fehlenden Geschäftsführer zu vertreten. Da ein Firmenstempel auf der Urkunde angebracht wurde, erachtete das Gericht die Unterzeichnung des Vertrags ohne Vertretungszusatz dennoch als ausreichend.

(OLG Rostock, Beschluss v. 12.07.2018, Az.: 3 U 23/18)

Neufestsetzung der Miete aufgrund der Indexklausel muss schriftlich erfolgen

Mietparteien können eine Indexmiete vereinbaren. Das heißt, eine Partei kann eine neue Festsetzung der Miete verlangen, wenn zum Beispiel der Verbraucherindex steigt oder fällt und nach bestimmten Kriterien dabei Grenzen überschreitet. In einem solchen Fall hatte der Vermieter von diesem vertraglich vereinbarten Anpassungsrecht Gebrauch gemacht und eine höhere Miete gefordert.

Die Mieter hatten die geforderte höhere Miete bezahlt, aber dann den Mietvertrag vor Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt. Nach einem Rechtsstreit durch alle Instanzen hatte zuletzt der BGH zu entscheiden und er gab den Mietern Recht: Die Neufestsetzung der Miete hätte schriftlich vereinbart werden müssen. Da dies nicht erfolgte, fehlte es an der nach § 550 erforderlichen Schriftform mit der Folge, dass der Vertrag nunmehr für unbestimmte Zeit lief und damit ordentlich, also vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit kündbar war.

(BGH, Urteil v. 11.04.2018, Az.: XII ZR 43/17)

Schriftformheilungsklauseln und Schriftformfallen

Manche Parteien kommen auf die Idee, das gesetzliche Schriftformerfordernis zu nutzen, um sich von lästigen Verträgen zu lösen. Andere wollen sich vor dieser Gefahr mit Schriftformheilungsklauseln schützen.

Schriftformheilungsklauseln unwirksam

Mit Schriftformheilungsklauseln möchten die Parteien verhindern, dass wegen einer späteren mündlichen Vereinbarung der gesamte Mietvertrag nicht mehr den Anforderungen des § 550 BGB genügt und die langen Bindungszeiten der Verträge erlöschen. Diese sind aber nach Ansicht des BGH nicht mit der Regelung des § 550 BGB vereinbar und daher unwirksam.

Schriftformfallen unzulässig

Fehlt es am Schriftformerfordernis, gilt nach § 550 BGB der Vertrag für unbestimmte Zeit. Das bedeutet, dass jede Partei den Mietvertrag ordentlich und damit vor Ablauf des vertraglichen Bindungszeitraumes kündigen kann. Diese Möglichkeit wollte eine Vermieterin nutzen:

Sie bestand auf einen Nachtrag zur Änderung der Indexklausel, der der Mieter zustimmte. Bei der Vereinbarung fehlte jedoch der Bezug auf den Ausgangsvertrag und auf noch weitere Nachträge mit der Folge, dass es am sogenannten Urkundenzusammenhang fehlte und das Schriftformerfordernis des § 550 BGB nicht erfüllt war.

Folglich hätte die Vermieterin den Vertrag formal ordentlich kündigen können. Doch diese Kündigungsmöglichkeit war der Vermieterin nach Ansicht der Richter nach Treu und Glauben verwehrt: Denn die Änderung war für die Vermieterin von Vorteil und sie hatte selbst und in Kenntnis den Schriftformverstoß herbeigeführt.

(BGH, Urteil v. 27.09.2017, Az.: XII ZR 114/16)

Vermieterpfandrecht auf abgestellte Fahrzeuge

Das Vermieterpfandrecht ist oft die letzte Möglichkeit des Vermieters, die unbezahlte Miete doch noch zu erhalten. Das Vermieterpfandrecht entsteht nach dem Gesetz jedoch nur an Gegenständen, die vom Mieter eingebracht wurden. Was nun eingebracht wurde oder nicht, ist daher oft umstritten und Gegenstand zahlreicher Entscheidungen. In diesem Fall war streitig, ob das Vermieterpfandrecht sich auch auf Fahrzeuge erstreckt, die der Mieter regelmäßig auf seinem angemieteten Grundstück abstellt.

Der BGH entschied, dass das Vermieterpfandrecht erlischt, wenn die Fahrzeuge vom Grundstück entfernt werden, aber jedes Mal neu entsteht, sobald diese wieder auf dem Grundstück abgestellt werden, also revolviert. Das heißt, dass im Falle einer Insolvenz des Mieters die Forderungen des Vermieters nur dann insolvenzfest gesichert sind, wenn die Fahrzeuge zu diesem Zeitpunkt gerade auf dem vermieteten Grundstück abgestellt sind.

(BGH, Urteil v. 06.12.2017, Az.: XII ZR 95/16)

Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/aktuelle-urteile-zu-gewerbeimmobilien_143943.html

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