Landgericht Freiburg im Breisgau
Beschluss
5 OH 13/16
In Sachen
Dr. Renate Schulz-Weiling, Kirchweg 3, 79299 Wittnau
– Antragstellerin –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kälberer & Tittel, Knesebeckstraße 59-61, 10719 Berlin, Gz.: 390/15 JS50
gegen
Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, vertreten durch den Vorstand Wilhelm von Haller, Rainer Burmester, Alp Dalkilic, Joachim von Plotho, Theodor-Heuss-Allee 72, 60486 Frankfurt am Main
– Antragsgegnerin –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Noerr LLP, Charlottenstraße 57, 10117 Berlin
Streithelferin:
Lloyd Fonds AG, vertreten durch d. Vorstand, Amelungstraße 8-10, 20354 Hamburg
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin
wegen Antrag nach Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KAPMUG)
hat das Landgericht Freiburg im Breisgau – 5. Zivilkammer – durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Emunds, den Richter am Landgericht Heller und den Richter am Landgericht Dr. Wurch am 06.03.2018 beschlossen:
I. |
Auf Antrag der Klägerin wird der Musterverfahrensantrag vom 07.12.2017 im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) mit nachfolgendem Inhalt öffentlich bekannt gemacht: |
1. |
Beklagte: Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, Theodor-Heuss-Allee 72, 60486 Frankfurt am Main, vertreten durch den Vorstand Wilhelm von Haller, Rainer Burmester, Alp Dalkilic, Joachim von Plotho; |
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2. |
betroffener Emittent oder Anbieter von Kapitalanlagen: Lloyd Fonds AG, Amelungstr. 8-10, 20354 Hamburg, vertreten durch den Vorstand Dr. Torsten Teichert; |
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3. |
Prozessgericht nebst Aktenzeichen: Landgericht Freiburg, 5 O 270/15; |
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4. |
Feststellungsziele:
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5. |
Lebenssachverhalt: Die Klägerin nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung u.a. im Zusammenhang mit einer Beteiligung an dem von der Streithelferin aufgelegten Lloyd Fonds Schiffsportfolio II auf Schadensersatz in Anspruch. Am 20.03.2007 zeichnete die Klägerin auf entsprechende Beratung und Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten eine Beteiligung am Lloyd Fonds Schiffsportfolio II in Höhe von 30.000 USD zzgl. eines Agios von 5 Prozent, insgesamt also 31.500,00 USD. Dabei erfolgte die Beteiligung nicht an einer Dachfondsgesellschaft, sondern mit einem prozentualen Anteil der Gesamtbeteiligungssumme an insgesamt sechs Einschiffgesellschaften. Die Gesamtinvestition betrug 515.937.000,00 USD mit einem Eigenkapital von 182.130.000,00 USD und 323.700.000,00 USD Fremdkapital, das zu großen Teilen in Yen aufgenommen wurde. Es waren Ausschüttungen von jährlich 6 % der Nominalbeteiligung geplant. Die Klägerin, die ihre Einlage nebst Agio am 30.05.2007 vollständig bezahlte, erhielt mindestens eine Ausschüttung in Höhe von 573,36 EUR. Die Klägerin behauptet, über die mit der Anlage verbundenen Risiken weder durch die persönliche Beratung der Beklagten noch über den Prospektinhalt ausreichend aufgeklärt worden zu sein und beruft sich im Übrigen auf die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Der Prospekt sei zwar vor der Zeichnung nicht übergeben worden, die Beratung habe aber auf dessen Fehlern beruht. Der Berater habe sich mit dem Prospekt vorbereitet und dessen Inhalte bei der Beratung zusammengefasst und mit eigenen Worten erläutert. Die im Prospekt enthaltenen Fehler hätten damit unmittelbaren Eingang in die Beratung gefunden. Hilfsweise macht sich die Klägerin die Behauptung der Beklagten zu eigen, der Prospekt sei einige Tage vor der Zeichnung übergeben worden. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung, bestreitet die Aufklärungsmängel und behauptet, die Klägerin habe den Prospekt einige Tage vor der Zeichnung erhalten. |
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6. |
Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrages beim Prozessgericht: 07.12.2017 |
II. |
Im Übrigen wird der Antrag als unzulässig verworfen. |
Gründe:
I.
In dem beim Landgericht Freiburg anhängigen Rechtsstreit 5 O 270/15, für dessen Gegenstand auf den unter I. 5. dargestellten Lebenssachverhalt verwiesen wird, stellte die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.06.2016 einen Musterverfahrensantrag nach § 2 KapMuG. Die Kammer ordnete mit Beschluss vom 05.01.2017 die öffentliche Bekanntmachung dieses Antrags im Klageregister des Bundesanzeigers an. Nachdem das Oberlandesgericht Freiburg – Zivilsenate in Freiburg die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Streithelferin mit Beschluss vom 05.04.2017 verworfen hatte, wurde der Antrag am 03.05.2017 im Klageregister veröffentlicht. Mit Beschluss vom 12.12.2017 wies die Kammer den Antrag gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 KapMuG zurück, weil innerhalb von sechs Monaten seit seiner Bekanntmachung nur fünf weitere gleichgerichtete Anträge bekannt gemacht worden waren. Daraufhin wurde der Antrag im Klageregister gelöscht.
Mit Schriftsatz vom 07.12.2017 hat die Klägerin den folgenden weitgehend gleichlautenden Musterverfahrensantrag gestellt, dem die Beklagte und deren Streithelferin entgegengetreten sind:
1. |
Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt über die Beteiligung am LLOYD FONDS SCHIFFSPORTFOLIO II in der Fassung vom 05.02.2007 (nachfolgend „Verkaufsprospekt“) unrichtig, irreführend und unvollständig ist, insbesondere wird festgestellt,
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2. |
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3. |
Es wird festgestellt, dass den Musterbeklagten die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die unter Ziff. 1.a) bis 1.k) aufgeführten Prospektmängel richtiggestellt wurden. |
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4. |
Es wird festgestellt, dass zu vermuten ist, dass die unter 1.a) bis 1.k) dargestellten Prospektmängel jeweils kausal für die Zeichnungen von Anlegern sind, auch wenn der Verkaufsprospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde. |
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5. |
Es wird festgestellt, dass allein aus dem Umstand, dass die Anleger des LLOYD FONDS SCHIFFSPORTFOLIO II letztmalig im Jahr 2008 eine Ausschüttung erhalten haben, keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis beziehungsweise grobfahrlässige Unkenntnis angenommen werden kann, da sich allein daraus keine hinreichenden Informationen über die unter 1.a) bis 1.k) aufgeführten Prospektmängel ergeben. |
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6. |
Es wird festgestellt, dass weder der Verkaufsprospekt noch die Geschäftsberichte und Rundschreiben der Fondsgesellschaft von 2008 bis 2014 hinreichende Informationen über die unter Ziffer 1.a) bis 1.k) aufgeführten Prospekt- und Beratungsmängel enthalten, so dass der Verkaufsprospekt und die Geschäftsberichte und Rundschreiben allein oder zusammen mit den ausbleibenden Ausschüttungen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis herbeiführen können. |
Dr. Emunds
Vorsitzender Richter am Landgericht
Heller
Richter am Landgericht
Dr. Wurch
Richter