Start Verbraucherschutz Geht die Kontrolle über den persönlichen Datenschutz im Netz verloren?

Geht die Kontrolle über den persönlichen Datenschutz im Netz verloren?

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Die meisten Nutzer von sozialen Medien haben verstanden, dass deren Initiatoren etwas verdienen müssen. Dass es Milliarden sind, wird selten erkannt und verstanden. Mit Blick auf sein Smartphone mag kaum einer Gedanken an den Datenschutz und daran verschwenden, wie seine für Freunde und Bekannte entworfenen Texte anderweitig verwendet werden. Wenige definieren für ihren eigenen Namen, ihre Anschrift, Meinungen und Gefühle einen Anspruch auf Datenschutz. Vor 30 Jahren war das anders. Die Volkszählung stand in Deutschland an und die Mehrheit der Bevölkerung hatte Bedenken. Privates sollte nicht registriert werden. Der Widerstand war erheblich. Die Maßnahme wurde zurückgestellt. Was ist heute anders?

Einsatz der Generationen

Die Psyche der heute existierenden Generation Y ist anders. Diese war damals noch nicht geboren. Die Generation X wollte sich bewahren, mehr noch: Sie sah den eigenen Wohlstand gefährdet. Eine Vollbeschäftigung wie heute gab es noch nicht. Die Vorsicht vor Arbeitgebern stand im Raum. Der Arbeitsplatz muss auf jeden Fall sicher bleiben – oder Volkszählung. Wir leben mit der Jugend, die als Generation Z definiert wird – geboren um die Jahrtausendwende und heute in der Phase alles besser zu wissen. Mit Erfahrung oder Datenschutz will sich niemand belasten. Der Wandel: Facebook ist – ausgehend von den USA – nicht mehr cool genug. Da muss WhatsApp her! Wer kümmert sich um Konzernstrukturen von Facebook mit WhatsApp?

Weltweit besucht die Mehrheit die sozialen Medien, um sich selbst darzustellen. Entscheidend sind nicht die Aussagen von Presse, Literatur und Lehre. Bedeutender ist, sich zu „outen“, seine Meinung zu „verteilen“ und deren Bestätigung zu erhoffen. Vorteile anderer und Datenschutz werden dabei ausgeblendet. Auf Rückfrage werden sie als verdrängt erkannt. Irritiert wird der Satz über den „Preis des Kostenlosen“ aufgenommen. Die Selbstaufgabe wird hingenommen und nicht hinterfragt. Ab 20.05.2018 gilt die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die meisten Unternehmen haben sie weder realisiert noch verstanden. Privatpersonen haben sie noch nicht bemerkt, da sie nur indirekt betroffen sind.

Episoden am Frühstückstisch basieren auf der Grippe, von der die Familie betroffen sein könnte – tränende Nase, Kratzen im Hals beim Blick über die Kaffeetasse. Am Nachmittag zeigen TV-Kanäle Werbung mit Triefnasen. Können Facebook und Google das Gespräch mitgehört haben? Wohl kaum, aber sie wissen mehr, als wir glauben! Der Skandal um Cambridge Analytica ist Fachleuten und Wissenschaftlern seit 2016 gegenwärtig. Alle Medien suchen die Verzahnung von Persönlichkeitsprofilen. Dabei hilft die Selbstdarstellung jedes einzelnen. Die Werbung soll personalisiert zugeschnitten werden. Diese Psychogramme aus der Kombination von Datenanalyse und Verhaltensforschung werden nicht für harmlose Anzeigen genutzt, sondern als Schwerpunkte für politische Zwecke, Einflussnahme und Manipulationen. Was können Fünfzehnjährige mit diesen Erkenntnissen anfangen? Eltern, Verwandten und Bekannten fehlen – wie Lehrern – dazu die Kenntnisse zum Datenschutz.

Unseren erwachenden Mitmenschen dienen diese Erkenntnisse nicht als Erheiterung. Wundern ist dennoch angesagt. Der Obrigkeitsglaube ist bei jungen Menschen nicht verlorengegangen. Dennoch sind sie auf Wissen aus der digitalen Szene ansprechbar: Facebook und Google bilden ein Werbe-Duopol. 70 Prozent aller Werbeeinnahmen landen bei einem der beiden „Riesen“. Um dieses Duopol aufzubauen und zu behaupten, haben die beiden Unternehmen in der Geschichte einzigartige Systeme der Erfassung fast aller im Netz aktiven Menschen errichtet. Dazu werden auch diejenigen gezählt, die keine Google– oder Facebook-Dienste nutzen. Daten über jeden Einzelnen werden nicht nur erhoben, um Werbung zielgenau anzupassen, wie unbedarfte Zeitgenossen ohne Konnex zum Datenschutz immer wieder behaupten.

Es ist brisant, dass die erfassten Daten zurückwirken. Das digitale Pendant erlaubt Rückschlüsse auf unser Denken und Fühlen. Daraus folgen die Erkenntnisse für politische Entscheidungen und persönliche Präferenzen. Daten beeinflussen in der Folge, mit wem wir in Kontakt treten, wie wir gesehen werden und welche Inhalte wir sehen. Wer mit Algorithmen Kaufentscheidungen beeinflusst, kann Einstellungen mit Trends, Gesellschaft und Politik beeinflussen. Das ist nicht neu. Möglichkeiten der Abhilfe könnten persönliche Daten vor Google und Facebook schützen (Kallen, Bernhard; München 2018-03-27).

Schutzmaßnahmen gegen Facebook und andere Social Media Teams (SMTs)

Ansprüche auf qualifizierten Datenschutz der Privatsphäre haben Bürger Europas mit der DSGVO ab dem 25.05.2018. Sie werden dann zur Kenntnis nehmen, dass Nicht in Google oder Facebook (mit WhatsApp) angemeldet zu sein, die wichtigste Grundregel für jeden ist, der/ die sein/ ihr persönliches Areal nur denjenigen zugänglich machen will, die er/ sie bestimmt. Google hat mit seiner Suchmaschine und dem Betriebssystem Android ein Quasi-Monopol. Diesem Konzern kann kein Weltbürger durch persönliches Verhalten ausweichen. Facebook zeigt mit seinen Töchtern Instagram und WhatsApp Lichtblicke. Niemand muss diese Dienste nutzen. Dort wird versucht, Daten über diejenigen zu erheben, die Facebook nicht fördern wollen.

Namen, Wohnort, Arbeitsort, Partner, Geburtsdatum, Geburtsort, E-Mail-Adresse, Handynummer, Bonus- und Kundenkarten sind Daten, die jede Person identifizieren. Die Verknüpfung dieser Informationen schafft Datenschätze. Wer von seinem Smartphone nicht loskommt, soll – so weit möglich – falsche Angaben oder keine machen. Diese Angaben sind keine offiziellen Verpflichtungen. Früher musste die Nutzung eines Dienstes mit der E-Mail-Anschrift bestätigt werden. Heute fordern die Anbieter die Handynummer an. Diese Angabe sollte jeder unterlassen und nie Geburtsdatum oder Geburtsort nennen.

Die Strategie der DSGVO verlangt Datenschutz und das Gegenteil dessen zu tun, was Facebook (+ Töchter) und Google wollen. Eigene Konten, Informationen und Dienste sollten mit Konsequenz zurückgehalten werden. Zum Login bei den SMTs müssen und sollen keine persönlichen Daten abgezogen werden – auch nicht die Daten der Fitnessarmbanduhr oder einer Überwachungskamera fürs Heim (Peitsmeier, Henning /Kallen, Bernhard; München 2018-03-27).

Cambridge Analytica sei als Beispiel für die Ausgangslage von 300 000 Facebook-Nutzern angeführt. Diese hatten sich bei einer Facebook-App angemeldet und nahmen an einer angeblich wissenschaftlichen Umfrage teil (Wylie, Christopher; London 2018-03-27).

Diese App sollte sämtliche Profil-Informationen und Daten aller Facebook-Freunde abgreifen. Das gelang 2014 mit den damaligen Schnittstellen. Wenige Nutzer hatten der Weitergabe mit Hinweis auf den Datenschutz widersprochen. Ohne Datenklau oder Hackerangriff erhielt Facebook die Daten. Mit weiteren Apps reichten 300.000 Teilnehmer aus, um die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern zu bekommen (vgl. Jourová, Vera; EU-Justizkommissarin, Brüssel 2018-03-27).

Nach diesem Skandal erfolgte eine Razzia bei Cambridge Analytica, um folgende Hintergründe zu recherchieren: Facebook und Google erlauben Dritten den Abgleich von hinterlegten Informationen wie der E-Mail-Adresse oder Handynummer. Passt beides zusammen, können Unternehmen punktgenau eine Anzeige für Erkältete schalten, die vormittags im Supermarkt Papiertaschentücher und anderes gegen Schnupfen und Heiserkeit gekauft haben und sich mit der Kundenkarte identifizierten. Wer sichergehen will, kaufe anonym ohne Kundenkarte und Bonusprogramm ein oder wähle für die Kundenkarte eine eigene E-Mail-Adresse. Die Handynummer müssen solche Dienste nicht wissen. Nötigenfalls erfinde man eine.

Hinzu kommt die Standorthistorie, um zu erfahren, wer wann wo gewesen ist, wo er länger oder kürzer war, wo er immer wieder ist. Wie wir uns in der Welt bewegen, das ist die neue Digitalwährung der Netzspione. Dieses Vorgehen ist seit 2016 bekannt. Bewegungsdaten verraten Gewohnheiten von Personen, wie vom Smartphone mit Bluetooth, GPS, W-LAN. Über Google kann bei keinem Android-Handy Schnüffelei unterbunden werden. Beispiele finden sich in aktuellen Dokumentationen zum Datenschutz (Peitsmeier /Kallen ebda.).

Wirtschaftliche Konsequenzen für Anleger in Aktien von Facebook

Für die Eigentümer von Facebook-Aktien sind die datenrechtlichen Auseinandersetzungen und die Vorgaben zum Datenschutz sekundär. Mit Entsetzen wurde der Kurseinbruch realisiert, der begeisterte Teilnehmer am Markt der SMTs erschütterte. Das hatte sich niemand so vorgestellt. Vermögenswerte von fast 50 Milliarden USD wurden durch die Kursverluste vernichtet. Diese Größenordnung wird von den Verlusten des Containerunternehmens P & R nicht erreicht.

Anfang März 2018 gehörte Facebook mit den Technologiekonzernen Apple, Amazon, der Google-Muttergesellschaft Alphabet und Microsoft zu den fünf wertvollsten Unternehmen an der Wall Street. Zuckerberg wird voraussichtlich vor dem Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses der USA erscheinen. Einem Auftritt vor britischen Parlamentariern erteilte Zuckerberg eine Absage. Im Vergleich zum Jahresanfang hat sich der Kurs der Facebook-Aktie damit um mehr als 15 Prozent ermäßigt. Rund drei Viertel dieser Verluste stammen aus der Woche nach den eskalierenden Meldungen zum Datenskandal (Sebastian, Colin; Baird, New York).

Die Sorgen um eine stärkere Regulierung von Internetkonzernen und die DSGVO belasten auch andere Titel wie Alphabet und Twitter. Dass damit attraktive Einstiegskurse für Facebook-Aktien gegeben sind, ist eine mutige Prognose. Es ist zu erwarten, dass weitere kursbewegende und kritische Nachrichten mit medienwirksam inszenierten Anhörungen in Washington bevorstehen. Langfristig denkende Investoren in Europa sollten die noch nicht durchschaubaren Entwicklungen abwarten (Kuls, Norbert; New York 2018-03-27).

Politik und Wirklichkeit: Datenschutz in der Europäischen Union

Standortdaten von Android-Smartphones können auch erfasst werden, wenn der Nutzer die Standortdienste ausgeschaltet hat. Die Androiden senden an Google, sobald sie mit dem Internet verbunden sind. App-Nutzung oder eingelegte Sim-Karte sind dazu nicht erforderlich.

Google und Facebook (inkl. der Töchter wie WhatsApp) auf dem iPhone vom Datenstrom abzuschneiden, ist einfach: Kein Einloggen ins Google-Konto, kein Google Maps, kein Facebook, kein Instagram, kein WhatsApp. Nicht eingebucht zu sein, das ist wichtig, weil sonst Google und Facebook auch diejenigen Aktivitäten erfassen, die außerhalb ihrer eigenen Welt erfolgen. Übervorsichtige Zeitgenossen werden Facebook und Instagram von einem Zweitgerät aus bespielen, der Verzicht auf WhatsApp dürfte indes am schwersten fallen. Die Alternativen sind Signale von Open Whisper Systems oder SMS und iMessage.

Hinzu kommen das Tracking der IP-Adresse, Analyse-Tools wie Google Analytics, Tracking Tags, Cookies, Browser Fingerprinting, die Social-Media-Plugins, etwa von Facebook, Zählpixel und Beacons. All diese technischen Hilfsmittel sind nicht an sich „böse“, sondern wollen erfassen, woher Nutzer zu einer Internetseite kommen, wollen ihnen passende Angebote zeigen, sie dienen der Suchmaschinenoptimierung und natürlich der passgenauen Platzierung von Anzeigen. In Facebook oder Google eingebucht, sind alle erfassten Daten, ohne Wissen des Seitenbetreibers, zugänglich. Der blaue Facebook-Button auf einer beliebigen Website zeigt beispielhaft den Mechanismus.

Fazit

Nicht in Google und Facebook eingebucht zu sein, ist Grundregel für den Schutz der Privatsphäre. Den beiden Monopolisten den Datenhahn abzudrehen, ist viel Aufwand und gelingt nie vollständig. Jede einzelne Maßnahme führt neben Datenschutz zu Komforteinbußen. Das Abwägen eigener Eingriffe ist mühsam. Browser-Cache, Cookies und andere Verlaufsdaten sind regelmäßig zu löschen. Das lässt sich bei Facebook meiden. Bei Google ist es meist zu spät. Der private Nutzer des Internets kann sich nur wenig schützen. Digitale Askese ist keine Lösung. Es wird mit Wirksamkeit der DSGVO eine gesellschaftliche Diskussion darüber beginnen, wie die beiden Konzerne und ihre Angriffe auf die Privatsphäre zu stoppen sind.

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