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Kriminalfall Wölbern Invest

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Anleger vertrauten in das Angebot eines Emissionshauses, das sich Wölbern Invest nannte. Es war 2007 aus dem Bankhaus Wölbern durch den Verkauf an einen Arzt hervorgegangen.

Es gibt viele Kriminalfälle wie Wölbern Invest. Das Fernsehen ist in den Abendstunden voll davon. Bemerkenswert ist, dass die meisten Filme in Serien erscheinen. Nach Meinung der Zuschauer werden kriminelle Szenen präsentiert, die viele als „an den Haaren herbeigezogen“ zu erkennen vermeinen. „Real kann das aus dem Fernsehgerät Flimmernde nicht sein.“ Das meiste könne nicht passieren, da Behörden und staatliche Organisationen Kriminalität rechtzeitig verfolgen und unterbinden. Was bleibt, sind Irrtümer oder Fernsehfilme. Betrügereien eines Herrn Hoeness können sich viele wegen des ehrlichen Weges des Fußballs nicht vorstellen. Wer weiß schon, dass es 25,8 Millionen gewesen sein sollen. Publik wird das, was die Presse gedruckt als einträglich betrachtet.Die Geschichte des Beschuldigten und Verurteilten

Im Jahr 2013 wurde der Geschäftsführer von Wölbern Invest, Dr. Heinrich Maria Schulte, nach einer Razzia festgenommen. Er war Arzt, dessen atypisches Berufsbild in Kapitalanlagen endete. Am Schluss fehlten etwa 147 Millionen Euro, die aus Vermögen von Fonds „ausgegliedert“ worden waren. Einiges davon wurde gefunden. Mehr als 115 Millionen Euro blieben verschwunden. Ein Film, in dem derartige Beträge genannt würden, wäre unglaubwürdig. Der „Arzt“ Dr. Schulte wurde 2015 zu 8 ½ Jahren Haft verurteilt; die von Staatsanwaltschaft und Beschuldigten beantragte Revision vor dem BGH wurde im Jahr 2016 abgelehnt. Wie lange wird Dr. Schulte bei guter Führung noch in Haft verbleiben?

Der Verurteilte war in der Lage, die Liquidität von mindestens 31 Fonds abzuschöpfen. Zurück blieben Vermögenswerte in geschröpften Fonds mit Sachwerten, die im jeweiligen Treuhandvermögen meist nicht zum Überleben reichten. Die o. b. Beträge wurden bis heute nicht gefunden. Der 64. IFH Immobilienfonds für Holland in der Rechtsform einer KG existiert als einer der Fonds des von dem Verurteilten bis vor fünf Jahren geleiteten Emissionshauses.

Betrachtungen zu dem speziellen Immobilienfonds 64 IFH für Holland

An dieser Stelle soll der genannte Fonds aus der Gesamtbetrachtung des Kriminalfalls ausgegliedert betrachtet werden. Ein Geschäftsbericht stellt die wirtschaftliche Situation mit Routine nach Wirtschaftsprüfung über 36 Seiten dar. Begleitende Informationen machen zwölf Seiten aus. In diesem Umfang würden Anleger Berichte über Kapitalanlagen begrüßen, die nicht kriminell belastet waren. Auf einer der ersten Seiten des Berichts wird festgehalten, dass die Geschäftsführung dafür vor Herausforderungen gestellt worden sei. Der Beirat beklagt, dass erst jetzt der Geschäftsbericht für 2015 vorgelegt wird. Der für 2016 wird bereits erwartet – in einem Freud’schen Fehler für Herbst 2016! Den Anlegern ist nicht zum Scherzen zumute.

Bei Prüfung anderer Fonds wurde erkennbar, dass Investitionen in Immobilien erfolgten, die nie ein Erfolg hätten werden können. Der Bericht des IFH Fonds 64 verzichtet auf Hinweise zu fehlenden Barrücklagen und konzentriert sich auf die negative Wertentwicklung im Niederländischen Immobilienmarkt. Hinzu kommt, dass die Immobilienobjekte im Haarlem und Arnheim im Jahr 2008 zu teuer eingekauft worden waren. Die Banken mussten Entgegenkommen zeigen und 2017 Forderungsverzichte gewähren. Dennoch wird die Situation dieses Fonds im Vergleich zu 2015 als weniger kritisch gesehen. Im Jahr 2016 war von einem Gesellschafter ein Darlehen in Höhe von 16 Millionen Euro bereitgestellt worden.

Das führte zu einem Nachlass auf die bei der Bank valutierende Restschuld von 3,5 Millionen Euro. Mietverträge konnten bis 2019 verlängert werden. Die geplanten Verkäufe der Immobilien sollen, bezogen auf das Kommanditkapital, zu 23% einmaliger Ausschüttung führen. Mit den in früheren Jahren erhaltenen Ausschüttungen sollen die Anleger etwa 45% zurückerhalten. Das ist kein Totalverlust, aber dennoch eine Katastrophe für Privatanleger.

Straf- und zivilrechtliche Konsequenzen

Selbst wenn die Strafverfolgung gegen drei frühere vermutliche Haupttäter des Betrugssystems von Dr. Schulte abgeschlossen wird, ist nicht zu erwarten, dass Mittel daraus zur Verfügung stehen werden. Eine Illusion kann bleiben, dass einer dieser drei Beschuldigten das Grau des Marktes schillern lässt und preisgibt, wohin die von Dr. Schulte abgezweigten Gelder geflossen sind. Die Schwächen von Angeklagten können über psychologische Lösungen ausgeschöpft werden. Eine dennoch nicht unwahrscheinliche Möglichkeit der Überraschung!

Parallel laufen Prozesse von und gegen die früheren rechtlichen Berater des Dr. Schulte (Bird & Bird LLP) auf Schadensersatz i. H. v. etwa 130 Millionen Euro wegen deliktischen Verhaltens. Während die Insolvenz des Dr. Schulte keine Zahlungen mehr erwarten lässt, sind Anwaltskanzleien nach Vorgaben gegen Ansprüche aus Vermögensschäden von Mandanten versichert. Wenn das Gericht den Fonds Schadensersatzansprüche zurechnet, können die Anleger auf Teilausgleiche der Schäden hoffen. Strafrechtliche Ermittlungen gegen die Rechtsanwälte innerhalb dieser Kanzlei sind noch nicht beendet. Einer davon, Frank Moerchen, wurde am 09.01.2018 verhandlungsunfähig aus der Haft entlassen. Das Verfahren gegen ihn wurde vorläufig eingestellt. Gegen die beiden verbliebenen Kollegen die Herren B. und K. wird das Verfahren fortgesetzt. K. war der Generalbevollmächtigter von Wölbern Invest.

Vor dem Insolvenzverfahren der Wölbern Invest ist der Fondsgesellschaft ein Teil der veruntreuten Gelder wieder zugeflossen (ca. 50%). Bei 30 anderen Fonds wurde das gleiche Verfahren angewandt. Anleger dürfen sich wundern, dass der Insolvenzverwalter diese Rückzahlungen anfechtet und unter Bezug auf § 133 InsO (Gläubigerbenachteiligung) wieder zurückfordert. Danach will er den in der Gesamtheit vor dem Insolvenzverfahren verfügbaren Betrag neu verteilt an die Fonds ausschütten. Es ist fraglich, ob viele Fonds diese Transaktionen überleben.

Fazit

Sicher ist, dass langfristig keine Rettung des Fonds 64 IFH möglich sein wird. Das trifft auch auf die Mehrheit der anderen Fonds des früheren Emissionshauses Wölbern Invest zu. Selbst wenn die Beschuldigten „plappern“, stellt sich die Frage, ob die Zeit reicht, um eine Rettung rechtzeitig einzuleiten. Bei Betrachtung des deutschen Immobilienmarkts wird meist der Blick über die Grenzen in andere EU-Länder vergessen. In den Niederlanden gibt es keine Flächennachfrage, aber einen hohen Büroflächenbestand mit bedeutender Leerstandsquote. Die Mietpreise sind – trotz guter Perspektiven – nach wie vor rückläufig.

Die Anleger des Fonds 64 IFH müssen froh sein, wenn sie knapp die Hälfte ihrer Investition – oder Zinsen – zurückerhalten und nicht den Ansprüchen der zusätzlichen Rückforderung von Privatanlegern durch den Insolvenzverwalter unterliegen. Daneben bleibt ihnen die Chance vom Bankhaus Wölbern zur Anteilsfinanzierung aufgenommene Darlehen nicht weiter bedienen zu müssen. Sie können sogar früher geleistete Raten zurückfordern. Der Erfolg bleibt abzuwarten.

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