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EU-Benchmark-Regulierung für Finanzinstitute

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Die neue EU-Verordnung wurde erforderlich, da sich in etablierten Banken, Versicherungen und Fonds Strukturen entwickelt hatten, die Indices zu Lasten der Kunden von Finanzinstituten nicht dem freien Markt überlassen hatten. Manipulationsvorwürfe bei der Bestimmung von Referenzzinssätzen von Libor (London Interbank Offered Rate) oder dem Euribor (Euro Interbank Offered Rate) haben den europäischen Gesetzgeber veranlasst, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. 

Manipulationen von Referenzwerten können Folgen bei Verbraucherhypothekendarlehen und anderen Finanzinstrumenten haben. Es ist erstaunlich, dass davon private Großbanken betroffen sind, die sonst nicht dem grauen Finanzmarkt zugerechnet werden.  Beim Libor wird der Einfluss solcher Referenzwerte auf den Kapitalmarkt aufgezeigt. Die neue europäische Benchmark-Verordnung soll Manipulationen und Interessenkonflikte bei der Berechnung von Referenzwerten verhindern.

Zur Unterstützung der Vertrauensbildung europäischer Bürger ist am 30. Juni 2016 die „EU-Benchmark-Verordnung“ in Kraft getreten, die ab dem 1. Januar 2018 in vollem Umfang angewendet werden und bei Banken, Versicherungen, Börsen und Fonds greifen wird. Regelungen der Benchmark-Verordnung betreffen Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden. Anleger sollen besser geschützt werden, um den Kapitalmarkt transparenter und stabiler zu machen und das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt zu stärken.

Primär sind Administratoren mit Sitz innerhalb der Europäischen Union betroffen, welche die Benchmarks bereitstellen bzw. erstellen. Ergänzend werden Kontributoren reguliert, die Eingabedaten für die Erstellung der Benchmarks an die Administratoren übermitteln. Verwender von Benchmarks, die Finanzinstrumente ausgeben, sind betroffen, wenn sie auf eine Benchmark Bezug nehmen. Damit ist ein vom Gesetzgeber vorgegebener Pflichtenkatalog einbezogen, der eine Unterteilung an der Bedeutung der Benchmark für den Kapitalmarkt an kritische, signifikante oder nicht signifikante Benchmarks reguliert. Die Unterteilung richtet sich nach dem quantitativen Wert der referenzierenden Investments bzw. alternativ nach qualitativen Kriterien, die den Markteinfluss der einzelnen Benchmarks in einem Mitgliedstaat widerspiegeln sollen. Eingabedaten für Rohstoffdaten oder Referenzzinssätze sind wichtige Benchmarks, die eine umfangreiche und strenge Überwachung der Pflichten verlangen.

Der damit verbundene Pflichtenkatalog für Administratoren hat einen großen Umfang. Dabei definiert die Benchmark-Verordnung eine Benchmark als solche und ihre  Anwendungsbereiche. Einige Referenzwerte werden einem begrenzten Kreis von Marktteilnehmern zugänglich gemacht. Wenn sie als Vergleichswerte dienen, entfällt die präzise Überwachung. Im anderen Fall ist eine Benchmark nur einem eng definierten Personenkreis zur Verfügung zu stellen.

Administratoren müssen erkennen, ob relevante Daten Benchmarks im Sinne der Verordnung stellen. Anschließend ist die Benchmark nach den bezeichneten Kriterien zu klassifizieren. Dazu ist vom Administrator ein Pflichtenkatalog einzuhalten. Mehr Transparenz und Anlegerschutz sollten Interessenkonflikte unter Ausnutzung von Ermessensspielräumen vermeiden.

Ein Verhaltenskodex soll auch die Kontributoren zwingen, die Vorgaben einzuhalten. Sollte das nicht der Fall sein, ist es dem Administrator nicht gestattet, die abweichend von den Regeln erstellten Eingabedaten zu verwenden. Die Eingabedaten müssen aus zuverlässigen Quellen stammen und die verwendete Methodologie muss belastbar und verlässlich berechnet werden.

Der Einfluss der Benchmark-Verordnung geht über die Europäische Union hinaus. Auch Drittstaaten sollen durch regelmäßige Benchmark-Erklärungen betroffen sein. Ziel ist, dass veröffentlicht wird, wie sich die Benchmark zusammensetzt und welche Berechnungsgrundlage sie hat. Sollte der Administrator eine bestimmte Benchmark einbringen, kann er verpflichtet werden, diese für bis zu 12 Monate weiter zu führen, wenn die zuständige Behörde dies aufgrund des Marktumfelds für notwendig erachtet.

Der Kontributor muss bei Erstellung der Benchmarks die notwendigen Eingabedaten an die Administratoren liefern und dabei den Verhaltenskodex des Administrators einhalten. Die Qualität seiner Eingabedaten muss er regelmäßig überprüfen. Benchmarks dürfen nur von registrierten Administratoren verwendet werden, die in Prospekten als Verwender auf den registrieren Administrator hinzuweisen haben. Parallel dazu haben Verwender Ausweichpläne zu erstellen, die festlegen, welche Maßnahmen im Falle der Änderung oder des Wegfalls einer Benchmark zu ergreifen sind.

In der Benchmark-Verordnung hat die Europäische Wertpapieraufsicht (ESMA) sowie die Europäische Kommission Entwürfe von Level-II-Maßnahmen erlassen, welche die Verordnung in verschiedenen Punkten spezifizieren und offene Fragen des Marktes beantworten sollen. Eine der dringenden Fragen ist die Regelung der Übergangsbestimmungen, die Administratoren und Verwender betreffen. In weiteren Erläuterungen wird gefordert, dass klare Positionen bei Benchmarks aufgezeigt werden, die zwischen dem 30. Juni 2016 und dem 1. Januar 2018 aufgesetzt wurden. Die daraus resultierenden EZB-Referenzkurse sind öffentliches Gut zur Verfügung von Bürgerinnen, Bürger und Institutionen. Deshalb muss ein hohes Maß an Integrität sichergestellt sein. Referenzkurse dürfen nur zu Informationen und nicht für Transaktionen erstellt werden.

Für den Laien unter den Anlegern werden die aufgezeigten Probleme selten qualifizierte Rückfragen hervorrufen. Dennoch ist es wichtig, dass Anleger wissen, welche Bedingungen die Renditen ihrer Kapitalanlagen bestimmen – bevorzugt unter Ausschluss strafrechtlicher Relevanz.

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