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Geld zurück von der Versicherung

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 29. Juli 2015 entschieden, dass viele Verbraucher mit Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen nach Widerspruch auch die Abschluss- und Verwaltungskosten erstattet verlangen können (Urt. v. 29. Juli 2015, Az.: IV ZR 384/14). Im Mai hatte der BGH die Grundsatzfrage geklärt, dass die Kunden ein unbefristetes Widerspruchsrecht haben (Urteil vom 7. Mai 2014, Az. IV ZR 76/11). Betroffen sind Verträge, die zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen wurden. In diesen Jahren gab es eine deutsche Sonderregel, nach der Versicherte zunächst nicht alle Unterlagen zum Vertragsschluss erhielten. Im Gegenzug hatten Verbraucher die Möglichkeit, noch maximal ein Jahr zu widersprechen. Nach der Entscheidung des BGH gilt diese Jahresfrist nicht mehr.

Eine erste Erhebung aus von uns überprüften Verträgen hat ergeben, dass mehr als 60 Prozent der Widerspruchs­belehrungen im fraglichen Zeitraum fehlerhaft und damit unwirksam sind.

Lag also bei Abschluss Ihres Lebens- oder Rentenversicherungs­vertrages keine oder nur eine fehlerhafte Widerspruchs­belehrung vor und/oder haben Sie die Verbraucher­information oder die Versicherungs­bedingungen nicht erhalten, so können Sie Ihrem Vertrag selbst heute noch widersprechen und sodann gezahlte Prämien zurückfordern. Die Allianz spricht – allein für die Lebensversicherungs­branche – von einem Volumen von 400 Milliarden Euro.

Verbraucherfreundliches BGH-Urteil

Mit Urteil vom 8. April 2015 (Az. IV ZR 103/15) hat der BGH eine weitere verbraucherfreundliche Entscheidung getroffen. Demnach verjähren Rückabwicklungsansprüche erst drei Jahre, nachdem der Widerspruch oder Rücktritt erklärt worden ist. Das gilt auch für bereits gekündigte Verträge.

Für die Versicherungsbranche hat das weitreichende Konsequenzen. Denn nun können Verträge im Nachhinein noch rückabgewickelt werden, die vor langer Zeit bereits gekündigt wurden. Wir haben in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Verbrauchern beraten, die bei Kündigung gar keinen oder viel zu geringen Rückkaufswert erstattet bekommen haben. Nach der einschlägigen Rechtsprechung zu den Mindestrückkaufswerten hätte diesen Verbrauchern mehr Geld zugestanden. Doch leider haben sich die Versicherungsgesellschaften häufig auf die Einrede der Verjährung berufen und nichts gezahlt. Diese Verbraucher können nun noch auf eine kräftige Nachzahlung hoffen.

Auch Verbraucher, die mehr als den Mindestrückkaufswert erhalten haben, haben möglicherweise noch offene Ansprüche. Denn bei Rücktritt oder Widerspruch muss die Versicherung die gesamte Prämie plus Zinsen zurückerstatten, nur die Risikokosten werden abgezogen. Nach dem aktuellen BGH-Urteil vom 29. Juli 2015 darf der Versicherer nicht die Abschluss- und Verwaltungskosten vom Erstattungsbetrag abziehen.

Das gleiche gilt für Verträge, die regulär abgelaufen sind oder noch laufen. Verbraucher, die mit der Ablaufleistung nicht zufrieden sind, sollten ihre Verträge überprüfen lassen. Möglicherweise ist eine Rückabwicklung die bessere Alternative.

Was ist zu tun?

Lassen Sie Ihren Vertrag prüfen: Wurden Sie nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerspruchsrecht belehrt und/oder lagen Ihnen die Versicherungsbedingungen oder die Verbraucherinformation nicht vollständig vor, können Sie Widerspruch einlegen. Haben Sie also zwischen 1994 und 2007 einen Kapitallebens- oder privaten Renten­versicherungs­­vertrag abgeschlossen, sollten Sie prüfen lassen, ob ein Widerspruchsrecht besteht.  Wir gehen davon aus, dass selbst bei fehlerhaften Verbraucher­­informationen und falschen Versicherungs­bedingungen das Widerspruchs­recht fortbesteht. Dies ist jedoch noch nicht rechtssicher geklärt. In naher Zukunft dürfte diese Rechts­frage jedoch höchst­richterlich entschieden sein.

Wir überprüfen, ob in Ihrem konkreten Fall ein Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat. Schicken Sie uns hierfür alle Unterlagen, die Sie von Ihrem Versicherer im Rahmen des Vertragsschlusses erhalten haben, in Kopie (bitte keine Originale) mit diesem ausgefüllten Formular zu. Vergessen Sie nicht, in der Rubrik „Mein Anliegen” ein Häkchen im vierten Kasten zu setzen. Das Entgelt für die Prüfung beträgt 70 Euro pro Vertrag.
Wir bekommen sehr viele Zuschriften und Anfragen zum Thema Lebens- und Renten­versicherung. Darüber freuen wir uns. Aber: Wir können Ihnen nicht immer zeitnah antworten. Bitte haben Sie Geduld, wenn Sie länger auf unsere Antwort oder Beratung warten müssen. Unsere Bearbeitungs­zeit beträgt zurzeit etwa drei Monate.

Legen Sie Widerspruch ein und fordern Sie Prämien zurück: Sind die Voraussetzungen für einen Widerspruch erfüllt, können Sie mit unserem Musterbrief (Download 90 Cent) Ihren Widerspruch erklären. Nach Auffassung der BGH-Richter sind Ihnen als Versicherungsnehmer nach erfolgtem Widerspruch, die gezahlten Prämien zu erstatten. Dieser Erstattungsanspruch vermindert sich um den während der Prämienzahlung gewährten Versicherungsschutz. Bei einer Lebensversicherung wäre dies der Anteil der Prämie, der für die Absicherung des Todesfallrisikos gezahlt wurde. Auch etwaige Zusatzversicherungen sind zu berücksichtigen.

Allerdings ist Ihr Versicherer verpflichtet, die aus den Prämien gezogenen Nutzungen herauszugeben, also das, was das Unternehmen mit Ihrer Prämie erwirtschaftet hat. So hatte das Oberlandesgericht Celle beispielsweise einem Versicherungsnehmer neben Rückerstattung der Prämie auch einen Anspruch von gezogenen Nutzungen zuerkannt. Dieser betrug im konkreten Fall effektiv 6,40 Prozent (Urteil vom 27. Februar 2014, Az. U 192/13).

Unterstützen Sie uns!

Mit Klagen gegen die Versicherungskonzerne setzen wir uns für faire Vertragsbedingungen und gegen Wett­bewerbs­verstöße ein. Das nützt allen Kunden der betroffenen Unternehmen, ja der Verbraucher­schaft insgesamt – und natürlich auch Ihnen ganz persönlich! Denn damit bahnen wir den Weg für Ihre Ansprüche.

Doch die Gerichtsprozesse sind mit erheblichen Kosten verbunden, für die wir in Vorleistung gehen müssen. Und das manchmal über Jahre und mehrere Instanzen hinweg – dabei stehen uns nur geringe staatliche Zuschüsse zur Verfügung. Die Versicherungswirtschaft aber hat das Kapital für einen langen Atem

Quelle VZ Hamburg

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